Die Netflix-Serie "Bridgerton" hat sich zum Must-See der Saison entwickelt. Aber nicht nur, weil es zwischen all den Rüschenkostümen und Ballabenden so richtig heiß zur Sache geht, sondern auch, weil People of Colour klassisch weiße Rollen spielen. Deutschlandfunk Nova Filmfrau Anna Wollner erklärt, ob Colorblind Casting tatsächlich zeitgemäß oder sogar diskriminierend ist.
Wörtlich heißt Colorblind Casting farbenblinde Rollenbesetzung und ist im Theater relativ lange verbreitet, erklärt Filmexpertin Anna Wollner. Langsam wagt sich nun auch die Film- und Serienwelt an das Thema. Nicht das Aussehen - in dem Fall die Hautfarbe - sondern das schauspielerische Talent sollen ausschlaggebend sein für das Besetzen von Rollen. Und das gerade dann, wenn die Figuren historisch gesehen weiß waren.
Wunsch nach mehr Diversität in Filmen und Serien
"Wenn wir bei Game of Thrones damit klarkommen, dass es Drachen gibt, dann müssen wir auch bei Bridgerton damit klarkommen, dass es eine schwarze Königin und einen schwarzen Duke gibt."
In der nun massenhaft gestreamten Serie "Bridgerton" von Drehbuchautorin Shonda Rhimes (u. a. "Grey's Anatomy" und "Scandal") sind die britische Königin, die männliche Hauptfigur der Duke of Hustinx und viele Figuren aus dem Hofstaat mit People of Color besetzt.
Als das prominenteste Beispiel für Colorblind Casting gilt die Musical-Verfilmung "Hamilton" von Thomas Kail, in der die Gründung der USA - eine eigentlich rein weiße Angelegenheit – ausschließlich mit schwarzen Schauspielern besetzt ist. In der Realität hat allerdings kein einziger Schwarzer an der US-amerikanischen Verfassung mitgeschrieben. Genau das sei Problem, sagt Anna Wollner.
"Die Geschichte neu zu inszenieren hilft nicht, die rassistischen Probleme, die es in den USA gibt, in den Griff zu bekommen."
Kritik an der verkitschten und weißen Jane-Austen-Perspektive
Der größte Kritiker von Colorblind Casting ist der schwarze Dramatiker August Wilson, dessen Theaterstück "Ma Rainey’s Black Bottom" für Netflix verfilmt wurde. Er kritisiert, dass Schwarze bei Colorblind Casting dazu dienten, die "weiße Kulturgeschichte zu verherrlichen", weil am Ende doch wieder alles "aus der romantisch verkitschten und natürlich weißen Jane-Austen-Perspektive" erzählt werde.
August Wilson favorisiert eine andere Lösung, die simpel und nachvollziehbar ist. Er fordert etwas, was bereits bei der Oscarverleihung 2016 Thema war: schwarzes Theater und schwarze Dramatiker zu fördern.
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