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Viele Frauen sind durch die Coronakrise benachteiligt, sagt die Sozialwissenschaftlerin Ute Klammer. Vor allem, weil sie im Schnitt weniger verdienen als Männer und sich häufig mehr um die Familie kümmern.

Der UN-Generalsekretär Antonio Guterres hat in einem Gastbeitrag in der Frankfurter Rundschau auf die Benachteiligung von Frauen während der Corona-Krise hingewiesen. Die Sozialwissenschaftlerin Ute Klammer stimmt dem zu.

Die internationale Forschung zeige, dass Frauen oft übermäßig von Katastrophen betroffen sind, sagt sie. Dafür nennt die Forscherin verschiedene Gründe: Oft sind Frauen in solchen Situationen stärker sexualisierter Gewalt ausgesetzt. Aber auch ökonomisch sind sie schlechter gestellt als Männer. Dazu kommt, dass den Frauen in Krisen mehr Fürsorgeaufgaben zufallen – sie müssen für Kinder oder Ältere sorgen.

"Wir wissen international aus der Forschung, dass Frauen oft übermäßig von Katastrophen betroffen sind."
Ute Klammer, Sozialwissenschaftlerin

Auch aktuell teffe die Krise Frauen härte. Zum einen, weil sie häufiger in soziale Dienstleistungsberufen arbeiten, in Pflegeberufen beispielsweise. Dazu kommt, so die Sozialwissenschaftlerin, dass bei geschlossenen Schulen und Kindergärten oft Frauen diejenigen seien, die zu Hause bleiben. Und das wiederum hänge damit zusammen, dass Frauen eben oft weniger verdienten in einer Partnerschaft.

Retraditionalisierung durch Corona-Pandemie

Die Sozialwissenschaftlerin Ute Klammer befürchtet, dass die Pandemie zu einer Retraditionalisierung führen wird, das heißt, dass veraltete Geschlechterverhältnisse wieder aufkommen könnten.

Schlechtere Verhandlungsbasis in der Partnerschaft

Denn wenn eine Frau weniger verdient als ihr Partner, ist sie damit schon automatisch in einer schlechteren Verhandlungsposition, wenn es darum geht, wer sich im Zweifelsfall um die Kinder kümmert.

"Man wird wieder ein Stück zurückgeworfen auf alte Rollen, die gerade mühsam überwunden zu sein schienen."
Ute Klammer, Sozialwissenschaftlerin

Auch im Wissenschaftsbetrieb bemerke sie eine Veränderung aufgrund der Pandemie: Derzeit würden weniger Forscherinnen wissenschaftliche Texte einreichen als vor der Krise. Das sei nur ein Beispiel dafür, dass die Corona-Pandemie Frauen stärker benachteilige als Männer.

"Aus meinem Bereich, der Wissenschaft, sehen wir zum Beispiel gerade, dass viel weniger wissenschaftliche Einreichungen von Frauen kommen als von Männern."
Ute Klammer, Sozialwissenschaftlerin

Was den Ausgleich des Gender Pay Gaps betrifft, geht die Entwicklung in Deutschland in den letzten Jahren nur sehr langsam voran, fast gar nichts sei passiert, bemängelt Ute Klammer. Hier geht es allerdings weniger um die Bezahlung an sich, denn dieselbe Arbeitszeit wird im selben Job durchaus gleich bezahlt - unabhängig davon, ob sie von Frauen oder Männern ausgeführt wird. Das Hauptproblem: Berufe, die hauptsächlich von Frauen ausgeübt werden (Care-Arbeit) ist relativ schlecht bezahlt.

Für staatliche Förderungen, die Unternehmer und Betriebe zurzeit erhalten, um ihre Existenz zu sichern, sollte es einen "Gender-Check" geben, empfiehlt die Sozialwissenschaftlerin. Damit könnte geprüft werden, wer von der Förderung profitiert und wer das Nachsehen hat. So bestünde die Möglichkeit dafür zu sorgen, dass Frauen in solchen Fällen nicht benachteiligt werden.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Corona-Krise trifft vor allem Frauen
Sozialwissenschaftlerin: "Frauen sind oft dreifach benachteiligt"
vom 30. April 2020
Moderator: 
Ralph Günther
Gesprächspartnerin: 
Ute Klammer, Geschäftsführende Direktorin des Instituts Arbeit und Qualifikation an der Universität Duisburg-Essen