Wie die dritte Welle verhindern? Epidemiologe Dirk Brockmann vom Robert-Koch-Institut empfiehlt: Mehr testen. Und auch die jungen Menschen möglichst schnell impfen.
Gerade sind wir mitten im Lockdown. Parallel dazu können sich die Risikogruppen impfen lassen. Mit den aktuellen Maßnahmen können wir das Coronavirus offenbar gut eindämmen – zumindest die ursprüngliche Variante des Virus, erklärt Dirk Brockmann, Leiter der Abteilung für Epidemiologische Modellierung am Robert-Koch-Institut (RKI). Er berechnet in Computermodellen, wie sich die Pandemie weiter entwickeln könnte.
Auf der anderen Seite verbreiten sich die scheinbar ansteckenderen Coronavirus-Mutationen wie Typ B1.1.7 zunehmend auch in Deutschland. Würden sich die Mutanten in den nächsten Monaten durchsetzen und die Fallzahlen würden wieder steigen, wäre das ein Worst-Case-Szenario, erklärt er - wofür es bereits erste Anzeichen gibt.
Junge Menschen als Virus-Übertragende
Das Risiko, dass die Fallzahlen in diesem Szenario wieder steigen, sei auch dann gegeben, wenn alle Menschen der Risikogruppen einmal geimpft sind. Besonders junge Menschen, die keine Risikopatientinnen und -patienten sind, würden das Virus nämlich aufgrund ihrer Kontakte weiter verbreiten können. Den Lockdown dann unkontrolliert zu beenden, indem Geschäfte, die Gastro, Schulen oder sogar Klubs wieder öffnen, würde eine dritte Welle wahrscheinlich machen.
"Die jungen Menschen und die Gesunden sind die, die die Infektion vorantreiben."
Neben der Strategie, die Fallzahlen durch das Einschränken von Kontakten möglichst niedrig zu halten, hält Dirk Brockmann daher zwei weitere Punkte für maßgebend:
- Impfen: Nimmt die Zahl der Impfungen in der kommenden Zeit schell zu – besonders unter den jungen Menschen – wäre eine Herdenimmunität schon in den nächsten Monaten denkbar.
- Testen: Durch regelmäßiges Testen können Infektionsketten schneller und gezielter unterbrochen werden. Das ist besonders dann wichtig, wenn die Corona-Maßnahmen wieder gelockert werden und mehr Kontakte stattfinden, sagt er.
"Wir müssen schneller, früher und dann auch gezielter reagieren in dieser Öffnungsstrategie, dass man gleichzeitig die Infektionszahlen oder die Inzidenz niedrig hält."
Sind insgesamt mehr Menschen geimpft und es werden auch verstärkt regelmäßige Coronatests durchgeführt, hält er zudem regionale Lockerungen für möglich. Ist die Sieben-Tage-Inzidenz in einer Region zum Beispiel sehr niedrig, können Geschäfte und Co. dort wieder öffnen. Dann sei es gleichzeitig aber wichtig, die Menschen in dieser Region zu schützen, indem beispielsweise Pendler aus Gegenden mit hohen Inzidenzwerten regelmäßig einen Coronavirus-Test machen.
Länder wie Australien zeigen, dass eine solche Strategie funktioniere und die Menschen wieder mehr ihren gewohnten Alltag leben könnten. "Das Gute ist, wenn man Bereiche, also Regionen oder zum Beispiel auch einen Universitätscampus durch Testen so hinkriegt, dass dort keine Fälle mehr passieren, kann man sich auch wieder frei bewegen. Ganz wichtig ist, dass wir den Weg dahin schaffen", erklärt der Epidemiologe.
Weiter Geduld nötig
Ist der große Teil der Menschen in Deutschland möglichst schnell geimpft, darunter eben auch viele Junge, zeigen die optimistischsten Prognosen, dass sich die Lage am Ende des zweiten Quartals 2021 spürbar entspannen könnte, so Dirk Brockmann.