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Die Bundesregierung ruft mit Videoclips zum Faulsein auf, um die Coronavirus-Pandemie einzudämmen. Aber ist das so einfach – das Nichtstun? Deutschlandfunk-Nova-Reporter Christian Schmitt kämpft gegen seinen inneren Preußen an: Disziplin und Leistung.

Die Bundesregierung wirbt mit Videos unter dem Hashtag #BesondereHelden in den sozialen Medien fürs Zuhausebleiben und Faulsein - das sind die neuen Heldentugenden. Seitdem wird diskutiert, ob die Clips gelungen sind oder an der Realität vieler Menschen vorbeigehen.

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Deutschlandfunk-Nova-Reporter Christian Schmitt hat das Faulsein ausprobiert, ist ihm aber schwergefallen.

Er startet damit an einem Samstag: keine beruflichen Termine, Kinos und Restaurants sind ohnehin geschlossen. Menschen außerhalb seines Haushalts trifft er zurzeit nicht. Also, ab auf das Sofa und nichts tun. Faul sein, um ein Held zu werden.

Faulsein ist anstrengend

Glotze an. Nichtstun. Immer noch Nichtstun. Aber nach 45 Minuten Nichtstun beschleicht Christian das schlechte Gewissen. "Und damit bin ich nicht allein", sagt er. Unsere Gesellschaft wird bestimmt durch Werte wie Fleiß, Disziplin, Anpacken und Machen. Vielen fällt es deshalb schwer, faul zu sein oder gar nichts zu tun, weil das negativ behaftet ist, so die Psychologin Main Huong Nguyen.

"In unserer Gesellschaft werden Werte wie Fleiß belohnt. Wohingegen Muße oder Faulsein nicht so sehr verstärkt werden. Daher passt das oft nicht in unser Selbstbild, ein fauler Mensch zu sein."
Main Huong Nguyen, Psychologin und zu hören im Deutschlandfunk-Nova-Podcast Achtsam

Dass es für viele eine Anstrengung ist, einfach nur faul zu sein, hat der erste Shutdown im Frühjahr gezeigt. Als die Baumärkte wieder öffneten, bildeten sich lange Menschenschlangen davor. Denn irgendetwas muss man ja tun: Also los Bretter kaufen, Wandfarbe und so weiter, um Hochbeete zu bauen und/oder die Wohnung umzugestalten.

Dabei können wir beim Nichtstun entspannen und das ist ein wichtiger Ausgleich zum sonstigen Stress, so Main Huong Nguyen.

"Bewusst faul sein oder sich Zeit für Muße zu nehmen, ist sehr gesund in unserer schnelllebigen Zeit und ein ganz wichtiger Ausgleich für den stressigen Alltag."
Main Huong Nguyen

Außerdem haben Studien gezeigt, dass bei Prozessen der Problemlösung ein innerer Abstand zum Problem nötig ist, so die Psychologin. Es ist wichtig, Pausen zu machen und dann mit einem frischen Blick auf Fragestellungen und Aufgaben zu blicken.

Ein Koalabär, der in einem Baum schläft.
© dpa
Abhängen und nichts tun ist voll in Ordnung...auch in Zeiten ohne Pandemie.

Christian plagt dennoch der innere Preuße. Dessen Tugenden sind Pflichtbewusstsein, Disziplin, Fleiß und der ganze Kram. Lange genug wurde uns eingetrichtert, dass wir was leisten müssen, damit wir was sind.

"Zu lange haben wir gelernt, dass wir was leisten müssen, damit wir was sind."
Christian Schmitt, Deutschlandfunk-Nova-Reporter

Denn wie heißt es oft auf Partys: "Und? Was machst du so?" Wie kommt es dann an, wenn wir sagen: "Nichts. Ich bin faul. Das brauche ich." Aber vielleicht würde die andere Person das gar nicht so schlecht finden. "Vielleicht brauchen wir einfach den Arsch in der Hose, selbstbewusst faul zu sein", sagt Christian Schmitt. In Zeiten der Pandemie allemal.

Ihr könnt mehr von der Psychologin Main Huong Nguyen in unserem Podcast Achtsam – mit Main Huong und Diane hören.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Pandemie-Maßnahme
#BesondereHelden: Faulsein als Herausforderung
vom 17. November 2020
Moderator: 
Thilo Jahn
Gesprächspartner: 
Christian Schmitt, Deutschlandfunk Nova