In der Vogelwelt sind die Geschlechterrollen oft klar verteilt: Männchen sind schöner und größer als die Weibchen und die kümmern sich fast alleine um den Nachwuchs. Aber es gibt auch Ausnahmen: Der afrikanische Grillkuckuck hat in Sachen Familienplanung die Rollen getauscht.
Der afrikanische Grillkuckuck ist im Gegensatz zu unserem heimischen Kuckuck kein Brutparasit, der seine Eier in die Nester fremder Vögel schmuggelt. Der 30 Zentimeter große Vogel baut wie andere Vögel auch eigene Nester. Aber sonst macht er vieles anders:
- Weibchen sind größer und schwerer als die Männchen
- Sie sind sehr dominant: Besetzen große Territorien und verteidigen es mit lautem Gesang
- Weibchen paaren sich mit mehreren Männchen - das ist klassische Polyandrie
- Männchen bauen das Nest, brüten und ziehen die Jungen auf
"Die Weibchen, die größer und schwerer als die Männchen sind, haben die Hosen an und zeigen ein echtes Macho-Verhalten: Bereits zur Regenzeit kleiden sich die Weibchen in ein prächtiges Balzgefieder und besetzen große Territorien, deren Besitz sie dann durch anhaltenden Gesang lauthals verkünden."
Verantwortlich für den Rollentausch ist das Sexualhormon Testosteron. Das haben Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Ornithologie in Seewiesen herausgefunden: Vogelmännchen schütten in der Balzzeit erhöhte Mengen an Testosteron aus und sind deshalb sexuell auf der Suche und markieren ihr Revier. Deshalb dachten sich die Wissenschaftler, dass die Männchen beim Grillkuckuck eine niedrige und die Weibchen eine hohe Testosteronkonzentration im Blut haben.
"Weibchen reagieren viel sensibler auf Testosteron als Männchen."
Aber erste Untersuchungen zeigten, dass die Testosteronprofile beim Grillkuckuck nicht aus dem Rahmen fielen – es wurden hohe Werte bei den Männchen und niedrige bei den Weibchen gemessen genau wie bei anderen Vögeln. Trotzdem ist das Testosteron für das ungewöhnliche Verhalten der Weibchen verantwortlich: In dem Gehirnbereich, der an der Steuerung von territorialem und aggressivem Verhalten beteiligt ist, haben die Weibchen viel mehr Rezeptoren für Testosteron. Sie reagieren also empfindlicher als die Männchen auf geringe Testosteronmengen.
Grillkuckuck tauscht Geschlechterrollen
Warum beim Grillkuckuck die Weibchen die Hosen anhaben, ist immer noch unklar. Aber Wissenschaftler haben einen Verdacht: Beim Grillkuckuck wird ein Großteil seiner Eier schon kurz nach der Eiablage von Fressfeinden gefressen. Viel hilft viel, das scheint die Strategie der Weibchen dagegen und deshalb legt sie möglichst viele Eier in viele Nester. Für Brüten und Füttern bleibt da keine Zeit. Das müssen die Männchen übernehmen.
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