Der Schalker Ehrenrat hat entschieden: Der Rassismus-Vorwurf gegen den Klub-Chef Clemens Tönnies sei unbegründet. Und jetzt? Alles okay soweit? Wir finden nicht. Wir müssen über Rassismus reden: wo der eigentlich beginnt, wie wir ihn erkennen und wie wir damit umgehen.
Für die Aussagen von Clemens Tönnies über bäumefällende, Kinder kriegende Afrikaner hat der Schalke-Chef, so ist zu lesen, bei einer Tagung in Paderborn nach kurzer Pause Beifall bekommen. In den Sozialen Medien eher nicht. Von vielen Seiten wurden die Äußerungen als rassistisch kritisiert. Anders sehen das viele Freunde und Weggefährten, die ihn da irgendwie heraushauen wollen. Darunter auch der SPD-Politiker Sigmar Gabriel. Er sagte, den Schalke-Chef zum Rassisten zu machen, sei "absoluter Quatsch" und der Vergleich verniedliche die wirklichen Rassisten.
Aber wo verläuft sie denn eigentlich, die Grenze zwischen einem dummen Ausrutscher und handfestem Rassismus? Thembi Wolf aus Berlin ist Radakteurin bei bento. Sie ist schwarz und findet, dass es manchmal nicht so leicht sei, diese Grenze zu erkennen. Die Äußerungen von Tönnies seien jedoch ohne Zweifel rassistisch.
"Ich sehe ein, dass es manchmal gar nicht so leicht ist zu erkennen, und dass wir da weiter diskutieren müssen. Aber bei diesem Zitat habe ich gar keinen Zweifel, dass das unfassbar rassistisch ist, was er da gesagt hat."
Was Thembi auch problematisch findet, ist, wenn dieser Rassismusvorwurf die Debatte beende. Was dabei oft falsch verstanden werde, sagt sie: "Nur wenn du mal etwas Rassistisches gesagt hast, heißt das nicht, dass du für den Rest deines Lebens ein Rassist bist."
Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) definiert Rassismus als "die Überzeugung, dass ein Beweggrund wie Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, Staatsangehörigkeit oder nationale oder ethnische Herkunft die Missachtung einer Person oder Personengruppe oder das Gefühl der Überlegenheit gegenüber einer Person oder Personengruppe rechtfertigt".
Aber wie sind in diesem Zusammenhang dann die Äußerungen und Witzeleien des ehemaligen Fußballprofis Patrick Owomoyela und des Sportkommentators Norbert Dickel zu verstehen? Während eines Spiels der italienischen Mannschaft Udinese Calcio gegen den BVB hatte Patrick Owomoyela als Co-Kommentator die Italiener als "Itakers" bezeichnet.
Jobst Paul ist Sprachforscher aus Duisburg und Autor des Buches "Der binäre Code" – eine Anleitung wie man Herabsetzung in Sprache analysiert und was man dagegen tun kann. Er sagt, es handele sich um einen ethnischen Container, der eine ethnische Gruppe beschreibe – und das sei ganz eindeutig rassistisch.
Trumps Rassismus umfasst viele Bereiche
Und dann gibt es noch Donald Trump. Der US-Präsident hatte unter anderem den Demokraten Elijah Cummings und dessen mehrheitlich von Schwarzen bewohnten Wahlkreis im Großraum Baltimore als ein "widerliches, von Ratten und Nagetieren befallenes Schlamassel" bezeichnet.
Unser USA-Korrespondent Thilo Kössler hat Donald Trump daraufhin als Rassisten bezeichnet. Aber passt das? Jobst Paul findet das zu kurz gegriffen. Trump sei gleichzeitig ja auch sexistisch und bodyistisch drauf – das heißt, er äußert sich auch abwertend gegenüber Menschen mit Behinderung. Sein Rassismus sei eine Praxis, die alle Bereiche umfasse. Während Trump ein Wiederholungstäter ist, haben sich Dickel und Owomoyela in aller Form entschuldigt. Tönnies auch. Eine Entschuldigung, die Thembi annehmen kann und auf deren Grundlage weiter diskutiert werden könne.
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