Vor 30 Jahren beschließt der Bundestag den sogenannten Asylkompromiss, der regelt, wer Asyl erhält. Er wurde von scharfen und polemischen Debatten begleitet.

Im Lichthof des Bonner Museums König wird am 1. September 1948 feierlich die Zusammenkunft des Parlamentarischen Rates gefeiert. Jener Rat war vorher von den westlichen Besatzungsmächten mit dem Auftrag ins Leben gerufen worden, eine Verfassung für die drei Westzonen zu erarbeiten.

Die Alliierten wollten einen auf demokratischen Prinzipien beruhenden föderalen Rechtsstaat entstehen lassen, in dem Menschenrechte und Gewaltenteilung oberste Priorität haben sollten. Die 73 Männer und 4 Frauen, die dem Parlamentarischen Rat angehören, beraten bis zum 8. Mai 1949 – dem Tag, an dem das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verabschiedet wird.

Sie werden geleitet von den Erfahrungen der NS-Diktatur, in der Juden, Sozialdemokraten, Gewerkschafter, Kommunisten und Menschen mit unerwünschten sexuellen Orientierungen und sogenannte "Asoziale" verfolgt und vernichtet worden sind. In der Rassenideologie der Nazis herrschte der "Herrenmensch" über den "Untermensch". Millionen Menschen sind im Namen dieser Ideologie ermordet worden

Deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden

Vielen gelang die Flucht. Die Geflüchteten verloren die deutsche Staatsbürgerschaft und sind staatenlos geworden. Das sollte als Lehre aus der Geschichte in der Bundesrepublik verhindert werden.

Deshalb lautet der 1949 verabschiedete Artikel 16 des Grundgesetzes "Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden" und im Artikel 16a heißt es: "Politisch Verfolgte genießen Asylrecht".

Beide Artikel sind Reaktionen auf das vorher in Deutschland begangene Unrecht. Anfang der 1990er Jahre kommt es im wiedervereinigten Deutschland zu einer Debatte um das Asylrecht, die am 26. Mai 1993 im "Asylkompromiss" mündete.

Ihr hört in Eine Stunde History:

  • Der Historiker Ulrich Herbert erläutert die deutsche Asylpolitik und die Änderungen vom Mai 1993.
  • Die Schriftstellerin Özlem Özgül Dündar ist in Solingen geboren, wo es drei Tage nach dem Asylkompromiss zu einem rassistischen Brandanschlag auf ein von türkischen Familien bewohntes Haus gekommen ist. Sie verarbeitet das Geschehene literarisch.
  • Die Soziologin Annette Treibel-Illian beschreibt die Schwierigkeiten bei der Integration von Einwanderern durch Deutschland.
  • Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld blickt zurück auf die Entstehungsgeschichte des Asylparagrafen im Grundgesetz von 1949.
  • Deutschlandfunk-Nova-Reporter Matthis Jungblut erinnert an die Opfer des Brandanschlags von Solingen am 29. Mai 1993.
Shownotes
Politisch Verfolgte genießen Asylrecht
Der "Asylkompromiss" von 1993
vom 19. Mai 2023
Moderation: 
Markus Dichmann
Gesprächspartner: 
Matthias von Hellfeld, Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte
  • Ulrich Herbert
  • Özlem Özgül Dündar
  • Anette Treibel-Illian