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In Israel und Gaza eskaliert die Lage zurzeit. Das bleibt nicht ohne Folgen, auch nicht in Deutschland, wie die gewalttätigen Proteste vor den Synagogen und die Hate-Posts im Netz zeigen. Michael Blume, Antisemitismusbeauftragter des Landes Baden-Württemberg, erklärt, welche Gruppierungen gerade ihrem Hass freien Lauf lassen.

In vielen Städten in Deutschland haben Menschen in den vergangenen Tagen gegen die Politik des Staates Israel protestiert. Dabei versammelten sich Menschen nicht selten vor Synagogen und schreckten auch nicht vor Gewalt zurück. In mehreren deutschen Städten brannten israelische Flaggen. Auf manchen Plakaten wird Israel der Untergang gewünscht. Auch die sozialen Netzwerke sind voll von antisemitischen Beleidigungen und Hate-Posts.

In allen Kulturen bekannt: das Feindbild vom Juden

Laut Michael Blume, Religionswissenschaftler und Antisemitismusbeauftragter des Landes Baden-Württemberg, handele es sich dabei um Anhänger nationalistischer und islamischer Gruppen. Antisemitinnen und Antisemiten, die überzeugt seien, dass die Welt von "bösen Mächten regiert wird", wozu eben Juden gehören sollen.

"Antisemiten glauben, dass immer Juden daran schuld sind, wenn auf der Welt irgendetwas schiefläuft."
Michael Blume, Antisemitismusbeauftragter des Landes Baden-Württemberg

Religion wird von Politik instrumentalisiert

Den Grund für den Hass und die Vorurteile sieht Michael Blume darin, dass das Judentum die erste Religion der Alphabetschrift, also die erste Religion der Bildung war. Aus der Sicht des Islam komme hinzu, dass das Gebiet des heutigen Israel von der Grundüberzeugung her islamisch sein müsste. Im Iran zum Beispiel habe das dazu geführt, dass in der Staatsdoktrin festgeschrieben wurde, dass Israel vernichtet werden soll.

"Um von eigenen Problemen in der Türkei abzulenken, spielt Erdogan gerade sehr stark das Thema Antisemitismus aus."
Michael Blume, Antisemitismusbeauftragter des Landes Baden-Württemberg

Wenn Medien gezielt Hass schüren

Die antisemitischen Theorien würden dann über bestimmte Organisationen, Medien und allen voran über soziale Netzwerke verbreitet, so der Antisemitismusbeauftragte. Michael Blume bezeichnet diesen strategischen Ansatz als "antisemitisch grundierte Politik". Als konkretes Beispiel nennt er die Türkei. Der dortigen Regierung komme es gerade recht, die Aufmerksamkeit auf den Konflikt in Israel zu lenken. Damit könne nämlich von den inländischen Problemen abgelenkt werden, wie den Mafia-Vorwürfen, in die das Innenministerium verstrickt sein soll.

"Ich habe schon im Juli dringend gebeten, dass man gegen Attila Hildmann vorgeht, weil klar war, dass der sich mit seiner Blase immer weiter radikalisiert. Und jetzt ist er in die Türkei entkommen."
Michael Blume, Antisemitismusbeauftragter des Landes Baden-Württemberg

Michael Blumes Forderung: mehr Staatsschutz und Prävention

Ein wesentlicher Schritt, um gegen solche Strömungen zumindest in Deutschland vorzugehen: mehr Überwachungen vonseiten der Polizei und des Verfassungsschutzes, so Michael Blume. Generell müssten die Verantwortlichen dort verstehen, dass man früher einschreiten müsse. Das sei vor allem wichtig, um junge Menschen frühestmöglich zu erreichen.

"Jeder möchte immer gerne über den Antisemitismus der anderen sprechen. Wir hatten einen Anschlag in Halle auf die Synagoge - ausgeübt von einem Deutschen."
Michael Blume, Antisemitismusbeauftragter des Landes Baden-Württemberg

Michael Blume betont: Seine Warnung richte sich nicht explizit gegen islamische Gruppierungen. Antisemitismus gebe es überall. Deswegen sieht er keinen wesentlichen Unterschied zwischen Antisemitismus, der in islamisch geprägten Gruppen geschürt werde und dem, wie er bei den "deutschen Rechten", Querdenkern oder manchen Linken vorkomme.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Antisemitismusbeauftragter zu Ausschreitungen
"Durch das Internet war es noch nie so leicht, Leute zu radikalisieren."
vom 17. Mai 2021
Moderator: 
Paulus Müller
Gesprächspartner: 
Michael Blume, Antisemitismusbeauftragter des Landes Baden-Württemberg