Carol Ramolotsana ist Lehrerin in Botswana. Sie arbeitet in der Hauptstadt Gaborone und ist glücklich dort. Wäre da nicht das staatliche Versetzungsprogramm. Das gibt es seit der Unabhängigkeit Botswanas 1966. Alle Staatsangestellten müssen deshalb alle paar Jahre den Dienstort wechseln. Dieses Versetzungsprogramm soll dazu beitragen, dass sich die verschiedenen ethnischen Gruppen mischen, die in Botswana leben. Es soll die Einheit Botswanas fördern. Und auch Carol ist davon betroffen. Sie wird in ein kleines Dorf versetzt und soll dort an der Schule arbeiten. Doch Carol hasst ihr neues Zuhause, sie hasst die Leute dort und lässt sich auf nichts und niemanden ein. Das Versetzungsprogramm bewirkt bei ihr genau das Gegenteil. Sie sieht nicht, was sie mit den Menschen dort gemein hat, sie sieht nur, was sie trennt. Bis sie Thabo kennenlernt.
Bastian Berbner hat Carol in Botswana getroffen. Recherchiert hat er ihre Geschichte für den Podcast 180 Grad - Geschichten gegen den Hass, der zusammen mit dem NDR entstanden ist. In "180 Grad - Geschichten gegen den Hass" erzählt Bastian Berbner zusammen mit Alexandra Rojkov und Ole Pflüger in sieben Podcastfolgen Geschichten von Menschen, die ihre Vorurteile überwinden. Eine Folge davon beinhaltet auch die Geschichte aus Botswana.
Für Bastian Berbner zeigt diese Geschichte, "wie ein gespaltenes Land zusammenfinden kann."
Als Botswana 1966 von den britischen Kolonialherren unabhängig wurde, war Botswana eine Stammesgesellschaft, bestehend aus 20 Stämmen, von denen viele untereinander verfeindet waren. In den Jahren davor sind in Afrika viele andere Länder unabhängig geworden. Häufig ist es dann zu ethnischer Gewalt gekommen: In Mali die Tuareg zwei Jahre nach der Unabhängigkeit 1960 im Norden einen Bürgerkrieg gestartet. Der Kongo wurde auch 1960 unabhängig. Danach hat sich die Provinz Katanga versucht abzuspalten. Auch Nigeria ist 1960 unabhängig geworden, schnell sind die Igbos und Hausas aneinandergeraten.
All das wussten die botswanischen Politiker 1966 und ihnen war klar: Wir haben ein Problem. Denn genau das, was in diesen Ländern die ethnische Gewalt angeheizt hat, hatten sie auch: Schnurgerade Grenzen, gezogen von den Kolonialmächten ohne Rücksicht auf die ethnischen Gruppen. Die heutige Außenministerin von Botswana, Unity Dow, war noch ein Kind, als diese Grenzen gezogen wurde.
Unity Dow: "If you think about these borders were just drawn up. And some of them really strange borders, they could have cut through a person literally."
Wie in anderen Ländern Afrikas haben die Briten bei ihrer Grenzziehung ethnische Gruppen miteinander in ein Land gesteckt, die sich nicht leiden konnten. Die Kalanga im Norden. Die Bakwena am Rand der Kalahari-Wüste. Die Bangwato im Zentrum. Diese Gruppen werden in Botswana von allen nur Stämme genannt. In Botswana gab es damals ungefähr 20 Stämme. Sie sprachen unterschiedliche Sprachen. Hatten unterschiedliche Traditionen. Und nun waren sie gezwungen, miteinander in einem Land zu leben.
Also haben sich die Politiker in Botswana damals gefragt: Wie schaffen wir es, dass es bei uns nicht zu Gewalt zwischen den Stämmen kommt? Wie kriegen wir es hin, dass wir diese 20 Stämme zu einer Nation zusammenschweißen? Zu einem Botswana?
Darum haben sie sich erst mal entschieden, dass nur noch zwei Sprachen in der Schule unterrichtet werden: Setswana und Englisch. Und nicht die Stammessprachen, damit alle miteinander reden können.
Um zu verhindern, dass Menschen sich um Land streiten, haben sie jedem ein Stück Land gegeben, der eines wollte. Und sie haben gesagt: Alles, was unter diesem Stück Land liegt, gehört dem Staat. Das ist wichtig, weil Botswana eines der diamantenreichsten Länder der Welt ist. Wer unter seinem Stück Land einen Diamanten findet, muss ihn in Botswana abgeben, weil er allen gehört.
Damit die Menschen aus den unterschiedlichen Stämmen miteinander in Kontakt kommen und sich wirklich kennenlernen, hat die botswanische Regierung entschieden, dass alle Beamten alle paar Jahr in ein anderes Stammesgebiet ziehen müssen. Die Versetzungen, dachten sich die Politiker, könnten gut sein gegen Stammesrivalitäten, weil man so einzelne Menschen zwingen würde, an fremden Orten heimisch zu werden, sich dort auf die Kultur einzulassen und dort Freundschaften zu knüpfen.
Ob und wie das funktioniert, hört ihr hier.
Bastian Berbner hat zum Podcast auch ein Buch geschrieben, hier gibt es Hintergründe zu allen Podcastfolgen und noch mehr Geschichten.
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