Clara ist erfahren im Online-Dating und wünscht sich – trotz dem Wunsch nach Unverbindlichkeit – viel öfter klare Worte von ihren Dating-Partnern. Unverbindlichkeit ist nicht immer negativ, wenn sie denn klar kommuniziert wird, sagt Ole Liebl, der demnächst ein Buch über das Thema veröffentlicht.
"Nimm dir nicht heraus, meine Zeit zu bestimmen, indem du sagst, vielleicht habe ich Zeit" – so beschreibt Clara, was sie an der Unverbindlichkeit beim Dating vor allem nervt. Dabei meint sie gar nicht mal eine geplatzte Verabredung, wenn beide bisher nur geschrieben hätten, sondern das Herauswinden, Verschieben und manchmal sogar auch Ghosten, nachdem es schon zu mehreren persönlichen Treffen gekommen sei.
"Nimm dir nicht heraus, meine Zeit zu bestimmen, indem du sagst, vielleicht habe ich Zeit."
Clara hat genügend Hobbys, Interessen, Freundinnen, Bekannte und keine Probleme, Zeit für sich zu nutzen. Bis sie jemand Unbekanntes persönlich kennenlernen und öfters wiedersehen will, braucht es bei ihr ein paar Schritte, sagt sie. Dabei sei völlig okay, wenn beide auf dem Weg die Dinge offen auf sich zukommen lassen und nichts überstürzen. Wenn es dann aber aus irgendeinem Grund nicht passe, dann sei es nur fair und wünschenswert, das auch offen zu kommunizieren.
Dating – Ehrlichkeit muss nicht im Drama enden
Wenn dann auf einer Seite das Interesse fehle, seien ehrliche Worte viel besser, als sich einfach vage abzuwenden oder wortlos zu verschwinden. Clara glaubt, dass manche Menschen sich auch deshalb in die Unverbindlichkeit flüchten, weil sie Angst hätten, dass dadurch ein Drama entsteht und andere damit nicht umgehen können.
"Was die Unverbindlichkeit schürt, ist, dass Menschen krass Angst haben davor, dass ein Drama entsteht, dass Leute so verletzt sind, weinen und damit nicht umgehen können."
Sicher seien diese Gespräche nicht einfach, doch wenn wir lernen würden, dass klare Worte nicht immer im Konflikt und Drama enden müssen, dann würden sich Menschen viel eher dafür öffnen, meint Clara. In der aktuellen Dating-Welt wünscht sie sich, dass es völlig normal sei, jemandem mitzuteilen, was wir empfinden. "Ich glaube, das machen wir viel zu wenig und das würde generell alles etwas vereinfachen", sagt sie.
Situationship – wenn Emotionen auf der Strecke bleiben
Unverbindlichkeit kann durchaus eine schöne Angelegenheit sein, wenn die Beteiligten sich dazu aus freien Stücken entscheiden, meint Ole Liebl. Der Video-Creator und Autor veröffentlicht demnächst ein Buch zum Thema Freundschaft Plus und hat selbst viele Erfahrungen gesammelt. Unverbindlichkeit könne jedoch auch einen Grad erreichen, an dem sie den Menschen sehr verletze.
Ole macht das am Beispiel der Situationship fest – ein Begriff, der in den letzten Jahren groß geworden ist. Situationship speist sich aus den Wörtern Situation und Relationship und meint eine Beziehung, die nur im Moment stattfindet, sagt er. Dabei gebe es überhaupt keinen Versuch, eine gemeinsame Zukunft zu entwerfen, in welcher Form auch immer.
"Erwartungen emotionaler Art finden überhaupt keinen Raum mehr und dürfen es auch nicht. Das kann psychologisch tiefe Wunden schlagen, wenn es plötzlich zu einem Ende kommt und man sich überhaupt nicht darauf vorbereiten kann."
Über die Beziehungen werde und dürfe teils auch nicht gesprochen werden. Das Problem: Emotionale Erwartungen, die hier entstehen können, finden überhaupt kein Raum mehr. Ein plötzliches Ende der Situationship kann völlig unvorbereitet kommen und psychologisch tiefe Wunden schlagen, sagt Ole.
Sprache nutzen und Machtgefälle vermeiden
So verschieden Menschen sind, so verschieden sind auch die Gründe, warum wir verbindliche oder unverbindliche Beziehungen suchen. In welchen Verbindungen Menschen auch stecken, wenn es um unsere Emotionen geht, meint Ole, dann sollten wir grundsätzlich miteinander reden.
"Wenn nach vielen Monaten immer noch nicht darüber gesprochen werden kann, was für eine Form der Beziehungen man führt, dann würde ich den meisten Leuten raten, die Sache zu beenden."
Wenn eine Seite mehr möchte, doch auch nach Monaten, in denen man intim miteinander ist, nicht über die Form der Beziehung gesprochen werden könne, dann sei es ziemlich fraglich, dass daraus jemals eine Partnerschaft auf Augenhöhe wachsen kann. "Ich würde den meisten Leuten raten, die Sache zu beenden", sagt Ole.
Wer sich bewusst wird, dass er oder sie nur eine unverbindliche Beziehung führen möchte oder kann, kein Problem, meint Ole, solange das klar und transparent kommuniziert wird. Alles andere sei unfair, eine Form von Machtgefälle und mache die andere Person vollkommen abhängig von der eigenen Entscheidung.
Dating-Apps – Klare Worte im Online-Profil
Beim Online-Dating rät Ole ganz klar ins Profil zu schreiben, was genau wir gerade suchen. Ist es diese Woche eine Freundschaft plus, nächste Woche etwas anderes, "dann schreibt euer Profil um", sagt der Autor. Die Leute, die einen auf dieser Grundlage matchen, würden genau wissen, warum sie das tun. Auf dieser Basis lasse sich viel eher eine Beziehung entwickeln – egal in welche Richtung.
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- Clara über Unverbindlichkeit beim Dating
- Gelebter Experte Ole Liebl