Wirtschaftsminister Robert Habeck hat in einem Interview auch die Bevölkerung dazu aufgerufen, den Gas- und Ölverbrauch so gut es geht gering zu halten. Aber was bringt es, wenn wir zuhause die Heizung nicht mehr so lange oder niedriger laufen lassen?
Für Michael Sterner, Professor für Energiespeicher und Energiesysteme an der TH Regensburg, ist Energiesparen jetzt "das Gebot der Stunde": Denn es bringe wirklich etwas, wenn wir alle unsere Heizungen niedriger laufen lassen. Genauer gesagt: Ein Grad Celcius geringere Raumtemperatur spart sechs Prozent Heizenergie- und Kosten ein. Dabei sollte man sich vor allem Gedanken machen, ob Räume, in denen man sich nur kurz aufhält – wie beispielsweise das Badezimmer – jetzt überhaupt geheizt werden müssten.
"Es macht wirklich Sinn, zuhause die Heiztemperatur ein bisschen herunterzudrehen."
Ein weiterer Punkt, warum wir alle einen Einfluss haben: 50 Prozent unseres gesamten Gasverbrauchs geht in die Gebäudewärme und Warmwasser, also auch in unsere Wohnungen, erklärt Michael Sterner. Hier könnte man deshalb auch am meisten und am leichtesten Energie einsparen.
Denn in der Industrie ist es häufig so, dass Gas als Rohstoff gebraucht werde. Einfach den Verbrauch herunterfahren und sparen ist also nicht so leicht umsetzbar.
Natürliche Rohstoffe für Dämmmaterial
Mittelfristig wird es dann auch um die Frage einer besseren Dämmung sowie der Sanierung von Häusern und dem Austauschen von Heizungen gehen. Doch Michael Sterner bleibt hier realistisch und kritisiert die Energiepolitik der vergangenen 30 Jahre scharf: Eine Umstellung der Energiepolitik koste viel Zeit und sei nicht einfach innerhalb eines Jahres umzustellen.
"Wir dürfen uns nicht die Illusion machen, dass wir die verkorkste Energiepolitik hauptsächlich unionsgeführter Regierungen der letzten 20-30 Jahre in einem Jahr rückgängig machen."
Der Idealfall wäre seiner Meinung nach, den Sommer über in so vielen Haushalten wie möglich Öl- und Gaskessel auszutauschen und durch Wärmepumpen und Holzheizungen zu ersetzen.
Allerdings, sagt Michael Sterner, darf ein Teufelskreis nicht unterschätzt werden: Dämmmaterial kommt in den meisten Fällen aus der Chemieindustrie. Diese kann wiederum nicht produzieren, wenn ihr das Erdgas fehle. Es sei deshalb auch wichtig, beim Dämmmaterial auf natürliche Rohstoffe zurückzugreifen, um dem Teufelskreis zu entgehen.
Den Umbau als Chance sehen
Grundsätzlich sieht er den Umbau, der derzeit aus einer Not heraus betrieben wird, als eine große Chance, die im Zuge des Klimaschutzes sowieso notwendig gewesen wäre. Nicht nur aus Rücksicht auf die kommenden Generationen sei diese Versorungskrise eine große Chance, schneller in der Energiewende voranzukommen, sagt Michael Sterner.
"Diese Versorgungskrise ist die große Chance, dass wir sehr schnell vorankommen mit der Energiewende und Energietransformation."
Denn in Zukunft werden es nicht mehr nur Kriege sein, die Ländereien wegnehmen werden, sondern vor allem der Klimawandel und dessen Folgen, davon ist Michael Sterner überzeugt. Dann würde keine Aufrüstung oder Armee mehr helfen, sondern nur eine effiziente Energiepolitik.