Keine Eier! Kein Kaffee! Kein Fleisch! Oder doch? Jeden Tag erscheinen neue Ernährungsstudien. Sie erklären uns, wie wir noch gesünder leben können. Aber nicht allen Studien sollten wir vertrauen, sagt ein Ernährungswissenschaftler der Stanford University.

Jeden Tag werden neue Ernährungsstudien veröffentlicht, und jeden Tag werden damit ältere Ernährungsstudien widerlegt. Fast jeder Nährstoff oder jedes Nahrungsmittel ist schon einmal durch eine Studie gestützt oder widerlegt worden, sagt der Gesundheitswissenschaftler John Ioannidis. Er hat sich viele Ernährungsstudien genauer angesehen. Schon vor Jahren war sein Fachartikel "Warum die meisten veröffentlichten Forschungsergebnisse falsch sind" einer der meistzitierten.

"Wenn es um einzelne Nährstoffe, Nahrungsmittel oder um Diäten geht, dann wurde fast alles einmal durch Studien gestützt und dann widerlegt."
John Ioannidis, Ernährungswissenschaftler an der Stanford University

Die meisten Ernährungsstudien kommen in seiner Untersuchung schlecht weg. Viele Ratschläge, die aus solchen Studien abgeleitet werden, hätten daher überhaupt keine wissenschaftliche Grundlage.

Schlechte Studien für den Mülleimer

Auch bei unserer Nachrichtenredakteurin Sophie Stigler landen täglich neue Studien auf dem Tisch. Die meisten davon würden dann aber in der Tonne landen, sagt sie. Beispielsweise die Studie eines US-Forscherteams, das behauptet hat, zu viel Salz-Konsum könne man mit einer gewissen Menge Käse-Konsum wieder ausgleichen. Bei genauerem Hinschauen waren nämlich nur elf Probanden an der Studie beteiligt, die Studie war auf einen viel zu kurzen Zeitraum angelegt und wurde zudem von der US-Milchwirtschaft bezahlt.

Studien, die über Jahre laufen

John Ioannidis fordert, dass Ernährungsstudien wie Medikamentenstudien durchgeführt werden sollten. Den Probanden würden dann Essenspläne nach dem Zufallsprinzip zugeteilt und dann geschaut, was passiert. Außerdem sollten die Studien über Jahre und Jahrzehnte laufen und mit deutlich mehr Probanden arbeiten. Der Ernährungswissenschaftler ist davon überzeugt, dass solche Studien möglich seien. Andere Wissenschaftler widersprechen ihm darin.

"Solche Studien sind auf jeden Fall umsetzbar, und sie werden auch gemacht. Und Ernährungswissenschaftler, die leugnen, dass es geht, richten den größten Schaden an."
John Ioannidis, Ernährungswissenschaftler an der Stanford University

Umfangreiche Studien sind deutlich aufwendiger und teurer. Die Probanden müssen über Jahre hinweg an der Studie teilnehmen, betreut und in regelmäßigen Abständen getestet werden. Das Ergebnis sei den Aufwand aber wert, sagt Sophie Stigler.

Viele Faktoren beeinflussen Gesundheit

John Ioannidis weist aber auch daraufhin, dass die Ernährung der Probanden nicht von ihrem Lebenstil getrennt betrachtet werden können. Es sei beispielsweise ziemlich schwer herauszufinden, ob fünf Nüsse pro Tag einen positiven Effekt haben, weil dabei auch andere Faktoren eine Rolle spielen können: Ist die Testperson sportlich? Wie ernährt sie sich insgesamt? Den Effekt der Nüsse herauszufiltern sei - laut John Joannidis - fast nicht möglich.

"Es ist eigentlich unmöglich, alle Aspekte einzubeziehen, die im Leben der Menschen eine Rolle spielen. Ernährung kann man nur schwer vom gesamten Lebensstil trennen."
John Ioannidis, Ernährungswissenschaftler an der Stanford University

Beobachtungsstudien, auch wenn sie bereits mit zehntausenden Probanden durchgeführt wurden, seien laut John Ioannidis für die Ernährungswissenschaft nicht der richtige Weg.

Shownotes
Falsche Forschungsergebnisse
Vorsicht bei schwachen Ernährungsstudien
vom 31. Oktober 2019
Moderator: 
Markus Dichmann
Gesprächspartnerin: 
Sophie Stigler, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin