Kinder von Impfgegnern können sich gegen den Willen ihrer Eltern impfen lassen. Sogar Minderjährige haben das Recht, sich impfen zu lassen, sagt der Medizinethiker Wolfram Henn.

Ein US-amerikanischer Junge wollte sich impfen lassen, seine Eltern waren strikt dagegen. Er musste warten bis er 18 Jahre alt war. In Deutschland ist das rechtlich etwas anders geregelt. Eltern können ihren Kindern - juristisch gesehen - nicht verbieten, sich impfen zu lassen. Die Möglichkeit sich impfen zu lassen, hängt in Deutschland von der Einwilligungsfähigkeit der Jugendlichen ab, sagt der Medizinethiker Wolfram Henn. 

"Es gibt in Deutschland eine Rechtslage, die besagt, dass die Möglichkeit sich impfen zu lassen von der Einwilligungsfähigkeit abhängt. Und diese Einwillingsfähigkeit ist nicht an das 18. Lebensjahr gebunden, sondern auf die Bedeutung der jeweiligen Maßnahme und das Verständnis bezogen."
Wolfram Henn, Medizinethiker und Humangenetiker

Und diese Einwillingsfähigkeit sei nicht an das 18. Lebensjahr gebunden. Genauso wie Eltern ihren minderjährigen Töchtern nicht erlauben müssen, wenn diese die Anti-Baby-Pille nehmen wollen, könnten auch Jugendliche entscheiden, dass sie sich impfen lassen wollen. Das sei zwar nicht so in Paragraphen vorgegeben, aber es sei die allgemeine Regelung.

"Bei einer Impfung, die eine klar empfohlene Maßnahme ist, kann man davon ausgehen, dass jemand auch schon deutlich vor dem 18. Lebensjahr - egal, was die Eltern sagen - sich für eine Impfung entscheiden kann."
Wolfram Henn, Medizinethiker und Humangenetiker

Da es in Deutschland kein Impfregister gibt, ist nicht bekannt, wie viele Kinder sich gegen den Willen ihrer Eltern impfen lassen. Humangenetiker Wolfram Henn hält es allerdings für einen seltenen Fall, wenn Kinder sich auf eigenen Wunsch impfen lassen.

In Deutschland gibt es keine Impfpflicht

Vor zwei Jahren gab es einen Fall, der bis vor den Bundesgerichtshof gegangen ist, sagt der Genetiker Wolfram Henn. Zwei getrennt lebende Elternteile hätten darüber gestritten, ob sie ihr Kind impfen lassen oder nicht. Das Gericht habe letztendlich dem Vater das Recht zugesprochen, sein Kind gegen den Willen der Mutter impfen zu lassen.

"Objektiv ist es eine Kindeswohlgefährdung, wenn Eltern ihre Kinder nicht impfen lassen. Es gibt in Deutschland keine Impfpflicht in dem Sinne, dass das von Staats wegen durchgesetzt würde. Moralisch gesehen wäre das durchaus gut. Es besteht eine moralische Impfpflicht, aber eben keine rechtlich durchsetzbare."
Wolfram Henn, Medizinethiker und Humangenetiker

Wolfram Henn spricht sich gegen eine Impfpflicht aus, weil die gesetzliche Pflicht nicht für alle Impfstoffe gelten würde. Manche Impfungen zu empfehlen und andere rechtlich vorzuschreiben, wäre aus seiner Sicht nicht richtig. Es könnte zu Missverständnissen führen, wenn man einige Impfstoffe nur empfehlen würde, weil dann manche Menschen glauben könnten, dass diese nicht so wichtig seien, sagt Wolfram Henn.

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Shownotes
Medizinethiker Wolfram Henn
Nicht Impfen ist Kindeswohlgefährdung
vom 14. März 2019
Moderator: 
Paulus Müller
Gesprächspartner: 
Wolfram Henn, Professor für Humangenetik und Mitglied des Ethikrats