EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat einen rechtlichen Rahmen für Mindestlöhne in allen EU-Ländern angekündigt. Nicht alle Staaten sind von der Idee begeistert - einige fürchten sogar sinkende Löhne.

In Deutschland gibt es einen Mindestlohn: Seit Anfang des Jahres liegt er bei 9,35 Euro die Stunde. Auch einige andere europäische Staaten haben einen Mindestlohn gesetzlich verankert.

Von 1,72 bis 12,06 Euro

In Luxemburg gibt es zum Beispiel mindestens 12,06 Euro die Stunde, in Bulgarien nur 1,72 Euro. So weit liegt das Spektrum in Europa auseinander - und dann gibt es noch Länder, die komplett auf einen Mindestlohn verzichten. Italien, Österreich und die skandinavischen Länder haben keinen.

Nun will die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine europäische Regelung zum Mindestlohn. Das hatte sie schon in ihrer Bewerbung im Sommer angekündigt. Es geht aber nicht darum, dass in jedem EU-Land derselbe Stundenlohn festgeschrieben wird; es wird weiterhin Unterschiede zwischen Deutschland, Luxemburg und dem Schlusslicht Bulgarien geben.

"Es soll keinen Einheitslohn in der EU geben, sondern in jedem Mitgliedsstaat einen anderen, weil die Länder wirtschaftlich unterschiedlich entwickelt sind."
Caroline Born, Deutschlandfunk Nova

Schon die Lebenshaltungskosten sind in den Ländern zu verschieden. Also die Mieten, Preise für Lebensmittel und so weiter. "Deswegen soll es keinen Einheitslohn in der EU geben, sondern in jedem Mitgliedsstaat einen anderen", erklärt Caroline Born, unsere Reporterin in Brüssel, "weil die Länder wirtschaftlich unterschiedlich entwickelt sind".

Aber es soll feste Regeln für die Berechnung des Mindestlohns geben: Der Mindestlohn soll 60 Prozent des mittleren Lohns betragen. In Deutschland läge der Mindestlohn dann bei knapp 13 Euro - also deutlich mehr als bisher. Das bedeutet: Unser Mindestlohn würde um circa ein Drittel steigen.

Schweden, Dänemark und Finnland fürchten niedrigere Löhne

Genau diese Berechnung sorgt aber auch für Skepsis in einigen Staaten. In Schweden, Dänemark und Finnland zum Beispiel. "Anders als in Deutschland befürchten diese Länder, dass der Mindestlohn bei ihnen für niedrigere Löhne sorgen könnte", erklärt Caroline Born.

Dort verdienen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Durchschnitt relativ viel, dank einer recht intakten Tarifbindung. "Sie befürchten deswegen, dass ein europäischer Mindestlohn ihre Tarifverhandlungsmodelle untergraben könnten." Sogar die Arbeitnehmerorganisationen dort lehnen den europäischen Mindestlohn ab - er sei ein Eingriff in ihre Tarifautonomie.

Weiter Weg zum Mindestlohn

Bis zum europäischen Mindestlohn ist es aber ohnehin noch ein weiter Weg: Ursula von der Leyen präsentiert erst ihren Vorschlag, der muss dann noch im Europäischen Rat und im Parlament akzeptiert werden.

Shownotes
Plan der Europäischen Kommission
Ein Mindestlohn für ganz Europa
vom 14. Januar 2020
Moderator: 
Till Haase
Gesprächspartner: 
Caroline Born, Deutschlandfunk-Korrespondentin in Brüssel