Beim Einkaufen begegnen und ins den Supermarktregalen mehr Fair-Trade-Lebensmittel. Aber ähnlich wie bei Bio-Siegeln gibt es auch hier keine einheitlichen Regeln, was ein fair zertifiziertes Produkt ausmacht. Experten fordern gesetzliche Vorschriften.
Wer Bananen mit Fair-Trade-Siegel kauft, erwartet wahrscheinlich, dass die Bauern fair bezahlt werden und ihre Arbeitsbedingungen gut sind. Durchschnittlich hat jeder Deutsche im zurückliegenden Jahr 2019 für 25 Euro fair gehandelte Produkte gekauft. Gemessen am Gesamtumsatz ist das wenig, aber es wird mehr.
Das Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) meldet, der faire Handel wachse. Nicht nur die Nachfrage, sondern auch das Angebot. Etwa 7000 Lebensmittel sind in den deutschen Supermärkten mittlerweile als Fair-Trade-Produkte zertifiziert.
Jedes Siegel versteht etwas anderes unter "fair"
Was dabei genau "fair" bedeutet, ist divers. Für den fairen Handel fehlen gesetzlich festgelegte und international geltende Standards. Das liegt unter anderem daran, dass der Begriff "fair" nicht geschützt ist. "Rein theoretisch kann jeder sein Produkt als fair gehandelt ausloben", erklärt Deutschlandfunk-Nova-Reporter Martin Schütz.
"Wer die Bio-Siegel-Landschaft schon unübersichtlich findet, der ist bei den Fair-Trade-Siegeln verloren."
Deutlich wird das unter anderem an den vielen unterschiedlichen Fair-Trade-Siegeln. Inwieweit beispielsweise eine Tafel Schokolade eines bestimmten Herstellers fair gehandelt ist, verrät bisher nur der Blick in die Richtlinien der Organisation des Fair-Trade-Labels.
Hinzu kommt, dass alle Labels ihre Spezialbereiche haben, auf die sie ihren Fokus legen, erklärt Friedel Hütz-Adams. Er ist Experte für fairen Handel bei der NGO Südwind und sitzt bei REWE im Nachhaltigkeitsbeirat. Eine Rund-Um-Versicherung gebe es bei keinem der Siegel. Der Fokus der Organisation kann so auf fair gehandelten Zutaten, ökologischen Aspekten oder sozialen Projekte liegen, die sich zum Beispiel gegen Kinderarbeit aussprechen.
Probleme bekannt, Verantwortung fehlt
Eine Garantie für existenzsichernde Löhne sieht der Experte für fairen Handel bisher bei keinem der Siegel. Dieser Aspekt sei den Unternehmen auch bewusst. Deshalb haben große Einzelhändler zusammen mit Bundesentwicklungsminister Gerd Müller im Januar 2020 zugesagt, existenzsichernde Löhne für die Lieferketten zu sichern, sagt Friedel Hütz-Adams. Wann das passiert, sei unklar – einen Stichtag gebe es nicht.
Unabhängig davon hilft für den Experten vor allem eins: Gesetze. Mehr Verantwortung für Lieferketten seitens der Unternehmen fordern auch die Vereinten Nationen seit 2011.
"Für mich gibt es kein Label, was ich uneingeschränkt empfehlen würde. Die Label haben alle ihre Spezialbereiche, eine Rund-Um-Versicherung habe ich bei keinem der Label."