Am 20. August küsste der inzwischen zurückgetretene spanische Fußballverbandschef Luis Rubiales die Fußballerin Jennifer Hermoso nach dem Gewinn des WM-Titels bei der Siegerfeier vor laufenden Kameras auf den Mund. Aktuell laufen die Ermittlungen in dem Fall. Vorwurf: sexuelle Aggression und Nötigung. Die spanische Gesetzeslage ist dabei eindeutig auf Seiten der Spielerin.

Welche Strafe hat ein ungewollter Kuss? Um die Klärung dieser Sachlage geht es momentan in Spanien. Nach dem Skandal im August hatte der spanische Fußballverband zunächst ein Statement veröffentlicht, nach dem der Kuss von beiden beteiligten Personen als einvernehmliche Geste der Freude wahrgenommen worden sei.

Dann aber folgte eine persönliche Stellungnahme von Jennifer Hermoso, die über die Spieler*innen-Gewerkschaft veröffentlicht wurde. Darin stand, dass sie eben nicht mit dem Kuss einverstanden war. Sie kündigte außerdem an, rechtliche Schritte gegen Rubiales einzuleiten.

Das "Nur ja ist ja"-Gesetz

Seit dem vergangenen Jahr gilt in Spanien ein verschärftes Gesetz für Sexualstraftaten, das sogenannte "Nur ja ist ja"-Gesetz. Jede sexuelle Handlung, der die Frau nicht explizit zugestimmt hat, gilt als Vergewaltigung und nicht länger als Missbrauch. Auch liegt die Beweislast künftig nicht mehr beim Opfer, das früher anhand von Verletzungsspuren am Körper beweisen musste, dass es sich gewehrt hatte.

"Seit einer Verschärfung durch die Mitte-Links Regierung im letzten Jahr gilt das Gesetz 'Nur ja ist ja'."
Franca Welz über die aktuelle Gesetzeslage in Spanien

Für die Straftat Vergewaltigung wurde das Strafmaß erhöht, wenn sie in Zusammenhang mit Gewalt oder Nötigung steht. Im Fall Rubiales würden dem ehemaligen Verbandschef demnach bei einer strafrechtlichen Verurteilung eine Haftstrafe von ein bis vier Jahren drohen.

Aktueller Stand des Rubiales-Verfahrens

Zum Fall Rubiales laufen die Ermittlungen wegen sexueller Aggression und Nötigung. Im Moment werden diverse Zeugenaussagen von Richter Francisco de Jorge gehört. Unter anderem sagten in Madrid schon die Mannschaftskolleginnen von Jennifer Hermoso aus: Weltfußballerin Putellas und, per Videokonferenz, Paredes. Die beiden stützen die Aussage von Jennifer Hermoso, dass Rubiales sie mehrfach unter Druck setzte, ein entlastendes Statement zu veröffentlichen.

Auch gegen den Weltmeisterinnen-Trainer Jorge Vilda – auch er wurde inzwischen vom spanischen Verband entlassen – wurde jetzt ein Verfahren eingeleitet. Er soll ebenfalls versucht haben, Jennifer Hermoso unter Druck zu setzen. Er gab bisher zu, mit ihrem Bruder im Flugzeug gesprochen zu haben. Beeinflusst hat er nach eigener Aussage aber niemanden.

Shownotes
Rechtsprechung bei Sexualdelikten
Spanien: Gesetzeslage spricht gegen Rubiales
vom 10. Oktober 2023
Moderatorin: 
Anke van der Weyer
Expertin: 
Franca Welz, ARD-Korrespondentin für Spanien