Zu viel Einwanderung oder zu wenig? Mit Rückführungspaket und Migrationsgipfel sind die politischen Akteure bei konkreten Fragen angekommen. Es geht nun wirklich um die Sache, erklärt Politikwissenschaftler Thorsten Faas.
Flucht, Asylrecht und Einwanderung: Diese politischen Themen beschäftigen die Deutschen und die Politik - besonders seit dem Höhenflug der AfD und ihren Wahlerfolgen bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen.
"Jetzt erleben wir doch, dass die eigentlichen Sachfragen, die Stellschrauben in den Fokus geraten."
Die Wahlverliererin von Hessen und Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hat soeben ein Rückführungspaket vorgestellt. Ziel ist es unter anderem Straftäter und Menschen, deren Asylanträge abgelehnt wurden, schneller abschieben zu können.
Migration als Gemeinschaftsaufgabe
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich mit CDU-Chef Friedrich Merz und Vertreterinnen und Vertretern der Länder getroffen. "Das Treffen konnte offenkundig vor den Landtagswahlen nicht stattfinden", sagt Thorsten Faas. Er lehrt Politikwissenschaft am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin. Es brauche am Ende eine breite Koalition der Handelnden, da sehr viele Akteure an diesen Prozessen beteiligt sind.
Man brauche auch eine gewisse Einigkeit auf Bundes-, Länder, und kommunaler Ebene. "Keine Partei wird in der Lage sein, ihre Ideen, ihre Lösungen eins zu eins durchzusetzen", davon ist der Politologe überzeugt. Kompromisse sind nun gefragt.
Ende der Zuspitzung
Erst nach den Landtagswahlen sei es möglich geworden, dass die Debatte sich versachlicht, meint der Politologe. Statt zugespitzter Formulierungen, wie sie in Wahlkämpfen üblich sind, drehe sich die politische Diskussion nun um konkrete Fragen wie:
- Wer darf nach Deutschland?
- Wer darf bleiben?
- Wer wird gedultet?
- Wer darf hier arbeiten?
Dazu habe auch der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz beigetragen. Ihm sei es gelungen, die Bedeutung von Push- und Pull-Faktoren für die Einwanderungsdiskussion in der Breite zu vermitteln, sagt Faas.
"Geht es eigentlich darum, dass wir ein attraktives Land sind für Menschen, die hierherkommen wollen? Oder wollen wir Menschen schnell zurückschieben?"
Umfragen zufolge sei das Thema Einwanderung für viele Menschen momentan eigentlich das wichtigste Thema, das auf der politischen Agenda steht, erklärt Thorsten Faas. Abgesehen von sehr offenherzigen und willkommenheißenden Momenten wie 2015 oder zu Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine 2022, gebe es große Zurückhaltung und viele Unsicherheiten. Die Politik könne daher das Thema Migration nicht ignorieren, der Druck auf die Akteure sei sehr groß.
"Wir sehen da seit vielen Jahren durchaus eine Skepsis. Die Erwartungen der Menschen sind sehr, sehr groß, und die muss man dann auch ein Stück weit bedienen."