Syrische Flüchtlingen sind vor der Terrormiliz IS nach Deutschland geflohen. Nach den Anschlägen von Paris haben sie jetzt Angst, dass sie als Muslime mitverantwortlich gemacht werden.

Alles scheint friedlich wie in einem kleinen Dorf. Rund 1200 Flüchtlinge wohnen in dem Flüchtlingsheim in der Nähe von Berlin. DRadio-Wissen-Reporterin Marwa Eldessouky hat das Heim besucht - nicht zum ersten Mal. Dieses Mal, als sie wieder mit syrischen Flüchtlingen sprechen möchte, darf sie nicht einfach hineingehen. Die syrische Familie, mit der sie sich verabredet hat, muss ihren Besuch bestätigen, Marwas Ausweis wird an der Pforte einbehalten. Im Heim würde jetzt auch ein Sicherheitsservice Dienst schieben, erzählen die Bewohner.

Ungleiche Maßstäbe

Auch die Flüchtlinge sind von den Terroranschlägen in Paris vom 13. November 2015 geschockt - kritisieren aber auch die Aufmerksamkeit, die den Anschlägen jetzt gewidmet wird. Diesen Terror erleben sie schon seit Jahren und niemand habe international seine Solidarität ausgesprochen oder ihnen gar geholfen.

"Ich sage nicht, dass ich nicht mit den Franzosen trauere. Ich bin sauer, dass es schon wieder Unschuldige getroffen hat. Aber für uns geht das in Syrien schon seit fünf Jahre so."
Seba, syrischer Flüchtling

Seba ist mit ihren zwei Kindern und ihrem Mann aus Syrien geflohen. Viele ihrer Verwandten, Freunde und Bekannten sind verletzt worden oder gestorben. Erst vor Kurzem ist ihr Cousin in Aleppo von einer Bombe getroffen worden und gestorben. Sie ist aus Angst um das Leben ihrer Familie geflohen. Jetzt hat sie Angst, dass sie der Terror hier in Deutschland einholt - weil sie Muslime sind und sich die Menschen an ihnen wegen der Anschläge rächen wollen. Sie hat Angst vor der Gewalt der Rechtsextremen.

"Es gibt Leute, die nicht differenzieren und einfach nur denken, wir sind Muslime. Sie beschuldigen dich und gucken dich so an, als hättest du etwas damit zu tun."
Seba, syrischer Flüchtling

Omar, ein 26-jähriger Student aus Syrien, macht sie ebenfalls Sorgen um das Bild der Muslime in Europa. Weil die Terroristen im Namen des Islams ihre Terrorakte rechtfertigen, könnten dadurch leicht alle Muslime unter Generalverdacht geraten.

"Der IS bezieht sich immer wieder auf den Koran, um die Gewalt zu rechtfertigen. Und wer am Ende dafür gerade stehen muss, sind wir, alle Muslime."
Omar, syrischer Flüchtling

Dennoch fühlt sich Omar in Deutschland immer noch sicherer als in Syrien. Auch weil die Terrormiliz hier nicht die Größe und Schlagkraft besitze wie in Syrien. In Europa würden nur kleine Gruppen agieren.

Shownotes
Flüchtlinge
Angst vor Rache
vom 19. November 2015
Moderatorin: 
Grit Eggerichs
Geprächspartnerin: 
Marwa Eldessouky, DRadio-Wissen-Reporterin