Forschungsgelder für deutsch-russische Wissenschaftszusammenarbeit werden gestrichen. Auch gemeinsame Projekte werden gestoppt. Doch daran gibt es auch Zweifel - schließlich würde sich viele russische Wissenschaftler gegen den Krieg und für eine offene Gesellschaft in Russland stark machen.

Auch die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Russland ist von der russischen Invasion in der Ukraine betroffen. Jede offizielle wissenschaftliche Kooperation mit Russland werde vorerst gestoppt, so hatte es Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger Ende Februar 2022 angekündigt.

"Klar ist: Derzeit sollen keine deutschen Forschungsgelder nach Russland fließen."
Tom Funke, Deutschlandfunk-Nova-Reporter

Im Großen und Ganzen schließen sich die Universitäten dieser Praxis an, sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporter Tom Funke. Neben dem Bundesforschungsministerium haben auch der Deutsche Akademische Austauschdienst und die Allianz der Wissenschaftsorganisationen ihre russisch-deutschen Projekte gestoppt. Und neue Projekte sollen aktuell nicht gestartet werden.

Kooperationsstop auf Bundesebene

Forschungs- und Lehrtätigkeiten in Russland werden ausgesetzt, Verbindungsbüros geschlossen und deutsche Forschende schnellstmöglich nach Deutschland zurückgebracht. Großprojekte, die Kooperation auf der Internationalen Raumstation beispielsweise, laufen wohl vorerst weiter.

Neue, auch kleinere Forschungsvorhaben, für die Menschen nach Russland reisen müssten, sind auch aufgrund der geltenden dringenden Reisewarnung der Bundesregierung derzeit nicht möglich.

Unter anderem die Technische Universität Berlin und die Freie Universität Berlin haben sich der Empfehlung angeschlossen, die Zusammenarbeit mit Russland erstmal zu stoppen.

Die Universität Magdeburg möchte den Kontakt zu Partneruniversitäten aufrechterhalten. Schließlich dürften russische Studierende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler prinzipiell weiter nach Deutschland kommen.

Die Technische Universität Dresden plant russische Studierende und russische Forschende, die bereits in Deutschland sind, weiterhin zu fördern.

Kriegsprotest russischer Forschender

Andreas Vasilache, Leiter des Zentrums für Deutschland und Europastudien an der Universität Bielefeld, blickt unentschieden auf den Kooperationsstopp. Grundsätzlich gehörten russische Geistes- und Sozialwissenschaftler sicher nicht zu den Befürwortern der russischen Aggression. Sie brächten internationale, offene Perspektiven mit. Viele hätten Verständnis für den Stopp der wissenschaftlichen Zusammenarbeit.

"Gerade in der wissenschaftlichen Kooperation trifft es bisweilen jene Kräfte, die eigentlich in Russland für eine offene, weltgewandte, friedliche Transformation und Politik eintreten."
Andreas Vasilache, Zentrum für Deutschland und Europastudien, Universität Bielefeld

Viele russische Wissenschaftlerrinnen und Wissenschaftler haben sich bereits gegen den Krieg ausgesprochen. Inzwischen gibt es bereits zwei offene Briefe an den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Einen älteren mit rund 600 Unterschriften und einen zweiten mit rund 7000.

Inzwischen haben die Nationalen Akademien der Wissenschaften sämtlicher G7-Staaten die Invasion Russlands verurteilt, sagt Tom. Sie erkennen dabei auch an, dass sich viele russische Forschende für den Angriff schämen und die sich gegen den Krieg in der Ukraine aussprechen.

Die Vereinigung der Europäischen Wissenschaftlichen Akademien plant die russischen und belarussischen Akademien auszuschließen. Unterdessen wird die Universität Bielefeld künftig mit dem Netzwerk Scholars at Risk ukrainischen Forschenden helfen – kurzfristig bei der Ausreise aber auch langfristig, dass sie weiter arbeiten können.

Shownotes
Forschung und Zusammenarbeit
Krieg in der Ukraine – Folgen für Wissenschaft und Hochschulen
vom 03. März 2022
Moderatorin: 
Tina Howard
Gesprächspartner: 
Tom Funke, Deutschlandfunk-Nova