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Englands Premierminister Boris Johnson lässt die gesetzlich vorgeschriebenen Corona-Maßnahmen ab Montag (19.07.2021) trotz Kritik und steigender Infektionszahlen aufheben. Der Vorgang ist nicht unumstritten. Und auch der Berliner Epidemiologe Dirk Brockmann hält den Schritt für zu früh.

Mit bis zu 100.000 Neuinfektionen pro Tag auf dem Inselstaat rechnet der britische Gesundheitsminister Sajid Javid durch die Lockerungen. Selbst Johnson sagt, dass die Pandemie nicht vorbei sei. Trotzdem werden die strikten Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie weitestgehend zurückgenommen. Was so ein Schritt für Deutschland bedeuten würde, erklärt Dirk Brockmann, Epidemiologe an der Humboldt-Universität in Berlin.

Seiner Einschätzung nach befindet sich England bereits in einer vierten Welle. Grund dafür sei die Delta-Virusvariante, die sich sehr viel schneller verbreite als vorherigen Corona-Viren.

In Großbritannien sieht man eine Entwicklung. Sie befinden sich schon in einer neuen Delta-Welle trotz der hohen Impfungen in der Population. Etwa Zweidrittel der Erwachsenen sind zweimal geimpft. Dennoch breitet sich die neue Variante aus in den Gruppen der Bevölkerung, die noch nicht geimpft sind.
Dirk Brockmann, Epidemiologe an der Humboldt-Universität in Berlin

Die Ansteckungen gehen laut Brockmann rapide nach oben. Die aktuelle Inzidenz liegt in England bei 400 und sei weiter steigend, so der Epidemiologe.

Kein Unterschied zwischen England und Deutschland

Zwischen den Briten und den Deutschen gebe es keinen Unterschied, erläutert der Experte. "Wenn man das genauso macht wie in Großbritannien, ist eben genau das zu erwarten: Die Zahlen würden in Deutschland wieder steigen."

"Abgesehen davon, dass in Deutschland noch nicht so viele Erwachsene zweimal geimpft sind. Und auch die jüngeren Menschen haben keinen Impfschutz. Und so kann sich das Virus ausbreiten.
Dirk Brockmann, Epidemiologe an der Humboldt-Universität in Berlin
Die Delta -Virusvariante breitet sich rasant aus. Einzig die repräsentative Impfung in Deutschland kann die Ausbreitung des Corona-Virus bremsen. Gerade die aggressive Delta-Variante der Corona-Viren suche sich Gruppen, die keinen Impfschutz, aber viele Kontakte untereinander haben.
"Die Delta-Variante verbreitet sich einfach sehr viel schneller. Bei Delta ist die Ansteckung bis zu acht mal höher als bei anderen Corona-Viren. Die Testrate bei den 16- bis 20-Jährigen ist etwa sechsmal höher als bei den 60- bis 70-Jährigen."
Dirk Brockmann, Epidemiologe an der Humboldt-Universität in Berlin

Eine Prognose zur Entwicklung der Pandemie in Deutschland zu geben, hält Dirk Brockmann für schwer.

Eine vierte Welle ist möglich

Jedoch sei es möglich, dass es auch in Deutschland eine vierte Welle gibt. Allerdings gehe die Zahl der Intensivpatienten zurück. Das zeige, dass eine Impfung gegen eine schwere Erkrankung an Covid19 vorbeuge, sagt Epidemiologe Dirk Brockmann.

Shownotes
Corona-Maßnahmen
England hebt die Regeln zur Eindämmung der Pandemie auf
vom 19. Juli 2021
Moderator: 
Thilo Jahn
Gesprächspartner: 
Dirk Brockmann, Epidemiologe an der Humboldt-Universität Berlin