Die Freibäder wegen der Covid-19-Pandemie geschlossen zu lassen, könnte gefährlich sein, warnen Experten. Sie befürchten mehr Badetote an öffentlichen Gewässern. Pandemiepläne liegen schon vor – die Bundesländer müssen aber noch entscheiden.
Die weltweite Reisewarnung wurde von der Bundesregierung gerade erst bis zum 14. Juni 2020 verlängert – vielleicht nicht zum letzten Mal. Viele werden in diesem Jahr wohl entweder freiwillig oder erzwungenermaßen auf den ersehnten Strandurlaub verzichten. Aber können wir wenigstens – trotz Corona-Pandemie – ins Freibad? Darüber wird derzeit diskutiert. Sowohl für eine Schließung als auch für eine Öffnung gibt es Argumente.
Wien will Freibäder Ende Mai öffnen
Unser Nachbarland Österreich ist schon einen Schritt weiter. Zumindest die Hauptstadt Wien will ihre Freibäder öffnen. Als Termin wurde der 29. Mai festgesetzt. Zur Begründung heißt es, Freibäder seien wichtig für das Urlaubsfeeling. Allerdings wird es Auflagen geben:
- Die Einhaltung des Abstandes liegt in der Eigenverantwortung der Gäste
- Kinder unter zehn Jahren nur in Begleitung Erwachsener
- Bäderpersonal wird auf die Sicherheit und den nötigen Abstand achten
In Deutschland hingegen sind viele Kommunen skeptisch. Die Stadt Bonn in Nordrhein-Westfalen zum Beispiel geht derzeit nicht von einer Öffnung der Freibäder in diesem Jahr aus. Aus wirtschaftlicher Sicht ist das für die städtischen Betreiber sogar sinnvoll – für die sind die Bäder nämlich häufig ein Minusgeschäft.
Aber immerhin: Eine Ansteckung mit dem Coronavirus über das Chlorwasser gilt als unwahrscheinlich. Das bestätigt auch das Umweltbundesamt.
Bundesländer müssen über Öffnung entscheiden
Deutschlandweit hoffen die Badbetreiber, dass sich die Bundesländer schnell entscheiden, ob die Bäder öffnen dürfen oder nicht. So ein Bad fit zu machen – auch die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen an der Kasse oder in den Duschen sicherzustellen – dauert bis zu drei Wochen. Wenn sich die Entscheidung weiter hinauszögert, würde sich eine Öffnung für viele Bäder nicht rechnen.
Pandemieplan für Freibäder
Die Deutsche Gesellschaft für das Badwesen (DGfdB) hat schon einen Pandemieplan erstellt, in dem unter anderem Zulassungsbeschränkungen aufgeführt sind. Wie viele Menschen zusammen in einem Schwimmbad sein dürfen, hängt demnach von der Größe der Becken und Liegeflächen ab.
Die Einschränkungen wären aber massiv, wie sich am Beispiel eines der größten Freibäder Nordrhein-Westfalens, dem Grugabad in Essen, nachvollziehen lässt. Dort passen an sehr vollen Tagen gut 6000 Menschen rein. Nach dem Pandemieplan der DGfdB dürften diesen Sommer nur noch 400 bis 500 Gäste gleichzeitig im Bad sein, schätzt Christian Ochsenbauer von der DGfdB, also nicht mal ein Zehntel.
Begrenzter Badbesuch und Vorverkauf?
Vermutlich würde das in der Praxis dann so geregelt, dass Badegäste nur auf Stunden begrenzt ins Freibad dürfen, damit möglichst viele die Gelegenheit zur Abkühlung bekommen. Des Weiteren müssten die Tickets wohl online über ein Vorverkaufssystem erworben werden, um lange Schlangen vor den Freibädern zu vermeiden. Darüber denkt zumindest die Stadt Wien aktuell nach.
Mehr Badetote durch Schwimmen in Seen und Flüssen
Die DGfdB führt zusammen mit der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) noch ein weiteres Argument auf, das für die Öffnung der Freibäder spricht. Die Sorge, dass es mehr Badetote geben könnte, wenn die Freibäder geschlossen bleiben. DGfdB und DLRG gehen davon aus, dass sich dann viele an Seen, Flüssen, oder anderen Naturgewässern abkühlen werden – also an Orten, wo keine Lebensretter aufpassen, so Christian Ochsenbauer.
"Die Badestellen sind grundsätzlich unbeaufsichtigt, die Gefahr von Badeunfällen ist größer als sonst. Außerdem dürfte die Kontrolle der Kontaktbeschränkungen dort deutlich schwieriger sein als etwa im Freibad."
Die DLRG warnt zusätzlich davor, dass bei einer Rettung aus dem Wasser keine Schutzkleidung getragen werden könne und es gegebenenfalls notwendig sei, Menschen zu beatmen. Dadurch würden Badende also nicht nur sich selbst, sondern auch andere in Gefahr bringen, sich mit dem Coronavirus zu infizieren.