Das mit uns wird nichts Romantisches mehr: Bina war sehr enttäuscht, als ihr Schwarm sie abservierte. Sie kennt aber auch die andere Seite. Der Soziologe Janosch Schobin beschreibt, wie diese Enttäuschung auf eine Freundschaft wirken kann.
Sie kennen sich seit der Schulzeit. Dieser spezielle Junge brennt für Bina eine Musik-CD. Plötzlich ist da dieses Gerücht, die beiden seien zusammen. Er sagt, dafür sei Bina ihm zu langweilig, und das ist das Ende – vorerst. Jahre später ist der Kontakt wieder da. Sie findet ihn noch immer richtig gut. "Und dann dachte ich mir, warum liebst du mich nicht?", sagt Bina heute.
"Ich glaube, in der zehnten Klasse ist er mir aufgefallen. Ich dachte: Wow, ist der süß!"
Sie klären die Sache. Für ihn ist es eine Freundschaft, ganz klar. Und nicht mehr. Es fühlt sich besser an und ist schade zugleich, sagt Bina.
Denn noch schlimmer findet sie diesen Schwebezustand, wenn die eine Seite sich Hoffnungen macht, keine Gelegenheit zum Flirten auslässt und die andere Seite unentschieden bleibt und das klärende Gespräch nicht sucht.
"Dieses In-der-Luft-Hängen, das ist echt übel."
Ihr ging es umgekehrt einmal so mit einem guten Freund. Der reagierte stets komisch auf Binas Dates. Hat es dann aber irgendwann geschafft, seine Gefühle rüberzubringen. Sogar einen kleinen Liebesbrief hat er ihr geschrieben. Bina wiederum hat ihm erklärt, dass er mit seinen romantischen Gefühlen alleine ist. Die Freundschaft gestaltete sich daraufhin schwierig, bis er eine Partnerin hatte. Heute gehört er fast zu Binas Familie. "Und jetzt schickt er mir jeden Tag gefühlt lustige Memes", sagt sie.
Eine statistische Lücke
Welche Freundschaften solche Geschichten am besten überstehen, das kann Janosch Schobin nicht mit statistischer Sicherheit sagen. Der Soziologe vermutet aber, dass die frühkindliche Persönlichkeitsentwicklung der Befreundeten darauf erheblichen Einfluss nimmt. Menschen, die in der Lage sind, soziale Enttäuschungen nicht auf ihr Gegenüber zu projizieren, bei ihnen könnte eine Freundschaft eher ein Liebesgeständnis und dessen Ablehnung überstehen.
"Wir wissen aus der Forschung, dass die Freundschaften von Menschen stabiler sind, die zum Beispiel ein Persönlichkeitsmerkmal – die Verträglichkeit – haben."
Sicher ist aber, dass eine neue Liebesbeziehung in der Regel Spuren im sozialen Umfeld der beiden Beteiligten hinterlässt. Die Zahl der Freundinnen und Freunde werde in der Folge geringer, so Janosch Schobin.
Partnerschaft und soziale Konzentration
Der Mensch, mit dem die Partnerschaft eingegangen wird, werde zugleich oft die engste Freundin, der engste Freund. Diese Person sei dann sozusagen das Swiss-knife der sozialen Beziehungen und bediene Romantik und Freundschaft gleichzeitig.
"Wenn Leute diese engere Partnerschaft eingehen, sehen wir, dass das Umfeld häufig verschwindet, wie die Freundeszahlen runtergehen."
Eine Kombination, die in westeuropäischen Gesellschaften eher neu sei. Denn Sex mit Freunden sei traditionell ein Tabu - ein stärkeres, als einfach nur Sex ohne jegliche soziale Beziehung.
Zwar sei auch der Trend hin zum Fuck-Buddy, zur Freundschaft+, beziehungsweise zu Friends mit Benefits, nicht statistisch nachweisbar. Janosch Schobin nimmt aber an, dass sexualisierte Freundschaftsformen seit etwa den 1980er-Jahren stückweise in die heterosexuelle Normalform aufgenommen werden.
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