Seit August 2018 sind verfassungswidrige Symbole in Computerspielen erlaubt. Deutschlandfunk-Nova-Gamesexpertin Jana Reinhardt stellt zwei empfehlenswerte Games vor, die zeigen, warum sich Entwickler dafür entscheiden, verfassungsfeindliche Symbole wie Hakenkreuze in ihre Spiele einzubauen.

Spieleentwickler begrüßen, dass verfassungswidrige Symbole in Games erlaubt wurden, weil damit historische Spiele authentischer werden. Aber nicht alle finden das gut und befürchten etwa, das auf diese Weise rechtsextremes Gedankengut verbreitet werden könnte. Deutschlandfunk-Nova-Gamesexpertin Jana Reinhardt hat den Praxis-Check gemacht und zwei Spiele unter die Lupe genommen: "My Child Lebensborn" und "Attentat 1942".

Nazi-Symbole in Spielen für die historische Korrektheit

Beide Spiele setzen sich kritisch mit dem Dritten Reich als Besatzungsmacht auseinander, erzählt Jana Reinhardt, und sie machten dieses Thema sehr zugänglich und für uns greifbar, nämlich über das Erzählen von Familiengeschichten.

In "My Child Lebensborn" zieht der Spieler das Kind eines Wehrmachtssoldaten in Norwegen auf, und in "Attentat 1942" befragst du deine Großmutter im Spiel, warum dein Großvater während der Besatzung in Tschechien von der Gestapo verhaftet wurde.

Attentat 1942

In "Attentat 1942" gibt es eine Szene, bei der jemand an einem Bahnhof Flugblätter übergibt. Statt auf Phantasiesymbole zurückzugreifen, wie es früher getan wurde, entschied sich der Entwickler, tatsächlich Hakenkreuze darzustellen. Auf diese Weise sollen die Nationalsozialisten klar als Besatzer in Tschechien benannt werden, erklärt Jana, das Spiel solle historisch korrekt sein.

Das wäre früher nicht erlaubt gewesen. Bis zu der neuen Regelung wurde das Spiel vom Entwickler vorsichtshalber in Deutschland geblockt, weil die Entwickler befürchten mussten, dass sie von Privatpersonen oder Behörden verklagt werden. Erst jetzt ist das Spiel auch in Deutschland zugänglich geworden.

"Attentat 1942 ist eine bunte Mischung, wie ich sie so in der Spielewelt lange nicht mehr gesehen habe."
Jana Reinhardt, Deutschlandfunk-Nova-Gamesexpertin

"Attentat 1942" ist ein dialogbasiertes Adventure. Jana findet das Spiel sehr gelungen – würde es aber nicht zum nebenbei Zocken empfehlen, weil das Thema zu ernst ist. Das Spiel vereint eine bunte Mischung an Elementen, erzählt sie: Szenen mit Schauspielern, die als Zeitzeugen von der Vergangenheit berichten, dokumentarisches Filmmaterial, Infotexte und Minispiele im Spiel, die in Comicoptik ermöglichen nachzuempfinden, wie sich das Leben in einem totalitären und fremdbestimmten Staat anfühlt.

My Child Lebensborn

Auch "My Child Lebensborn" zeigt offen Hakenkreuze – und für Jana macht das Sinn: Das Symbol sei wichtig, um das Szenario gleich historisch einordnen zu können, erklärt sie, es mache das Spiel visuell stärker und es vermittle sehr gut die Stimmung der Menschen damals, ihren Hass auf die Deutschen.

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Der Plot: Der Spieler zieht eine Kriegswaise auf, das Kind eines feindlichen Wehrmachtsoldaten – im Prinzip funktioniert das in etwa nach dem Tamagotchi-Konzept. Das Spiel vermittelt so historisches Wissen über diese Kriegskinder und den Umgang mit ihnen: 12.000 Besatzer-Kinder wurden allein in Norwegen zur Adoption freigegeben, erzählt Jana, um der Schande zu entgehen, der Kollaboration mit dem Feind beschuldigt zu werden.

Historische Ereignisse als lehrreiches Spiel

Das Kind stellt im Laufe des Spiels immer mehr Fragen: Was ist ein Nazi-Kind? Woher komme ich, und wer waren meine Eltern? Der Spieler muss seine Zeitressourcen einteilen, um das Kind gegen Hänseleien und Bullying durch andere Kinder, Lehrer oder Nachbarn zu schützen.

Janas Fazit: Das Spiel ist eine sehr emotionale Simulation. Es baut die Tragik erzählerisch sehr gut auf, erzählt sie. Das mache das Game sehr stark. Zudem sei das Thema absolut universal: Was macht ein Krieg mit Menschen, mit Kindern und wie gehen wir mit Kindern um, die gemobbt werden?

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Shownotes
Games
Der Sinn von Nazi-Symbolen in Computerspielen
vom 14. Oktober 2018
Moderator: 
Sebastian Sonntag
Gesprächspartnerin: 
Jana Reinhardt, Deutschlandfunk Nova