Banken bekommen gerade 2,5 Prozent Zinsen, wenn sie unser bei ihnen angelegtes Geld zur Europäischen Zentralbank bringen. Tendenz steigend. Eigentlich sollten wir dadurch auch wieder höhere Zinsen auf unser Erspartes bekommen. Ist aber nicht so. Warum?

Der Slogan "Sparen macht jetzt wieder Spaß", mit dem eine Bank gerade wirbt, führt in die Irre. 0,6 Prozent Zinsen (bei einer Inflation von 8,7 Prozent) machen nicht so richtig Spaß, sagt Wirtschaftsjournalist Nicolas Lieven. Der Leitzins liegt momentan bei drei Prozent, der Einlagenzins bei 2,5 Prozent. Doch die meisten Banken geben die Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht weiter – und kassieren ab.

"Ich könnte es ganz einfach machen: Die Banken wollen einfach Geld verdienen. Die Banken verdienen im Augenblick viel Geld, sie könnten deutlich mehr weitergeben. Ich glaube, das kann man einfach so sagen."
Nicolas Lieven, Wirtschaftsjournalist

Fakt ist: Die Banken machen zurzeit Milliardengewinne. Ihre Bilanzen sähen momentan ausgesprochen gut aus, sagt Nicolas Lieven. Gerade die Bankaktien seien in den letzten Wochen und Monaten nach oben gegangen. Ein bisschen seien wir Kund*innen aber auch selbst schuld. Denn nur wenige von uns erhöhen den Druck, indem wir zum Beispiel die Bank wechseln.

Banken machen gerade Milliarden

Gleichzeitig haben viele Banken auch verschiedene Unkosten, erklärt Nicolas Lieven. Jede Bank kalkuliert anders: Die einen haben viele Filialen, die anderen sind Onlinebanken. Oft gibt es einen großen Verwaltungsapparat. Der Einlagenzins, den die Banken fürs Geld Parken bei der EZB bekommen, sei der, den sie quasi „sicher im Sack“ haben. Ihre Kalkulation sei aber natürlich eine andere und soll gewisse Risiken abdecken. Wenn sie sich etwa selbst Geld leihen müssen, spielt der Leitzins wieder eine Rolle. Dann müssen sie berechnen, wie viel sie mit dem eingesetzten Geld wohl erwirtschaften können.

Diejenigen Banken, die im Augenblick sehr hohe Zinsen anbieten, würden das sehr, sehr häufig auch schlicht und ergreifend aus Marketinggründen tun: Sie bekommen Publicity über die journalistische Berichterstattung – und so oft auch neue Kund*innen.

"Man möchte das Geld teurer machen, Kredite teurer machen, damit wir nicht so viel shoppen gehen – damit die Nachfrage sinkt und damit letztendlich auch die Preise. Nur hat dieser Plan bisher nicht funktioniert."
Nicolas Lieven, Wirtschaftsjournalist

Die Zinsen steigen, weil die Inflation so hoch ist, erklärt der Wirtschaftsjournalist. Sich Geld leihen soll teuer sein, damit wir nicht so viel shoppen gehen – damit die Nachfrage sinkt und damit letztendlich auch die Preise. Nur hat dieser Plan bisher nicht funktioniert.

Zinsen werden wohl weiter steigen

Es ist daher davon auszugehen, dass die Zinsen weiter steigen – und dann werden auch die Banken nach und nach ein bisschen mehr nachziehen müssen, glaubt Nicoals Lieven. Allerdings werde das dauern und wir könnten nicht davon ausgehen, dass die Zinsen irgendwann so hoch sein werden, dass sie quasi die Inflation überholen.

Was wir nicht tun sollten, ist, unser Geld einfach herumliegen zu lassen – denn dann verliert es durch die hohe Inflation immer mehr an Wert. Wir Verbraucher*innen könnten uns durchaus überlegen, zumindest einen Teil unseres Geldes bei einer neuen Bank anzulegen – gerade die Neukundenangebote seien zum Teil ganz gut.

Tagegeld oder Festgeld?

Die aktuellen Angebote sind sehr unterschiedlich. Manche Banken bieten zurzeit mehr als 2 Prozent für ein Tagesgeldkonto, die meisten zwischen 1 und 2 Prozent. Ans Tagegeld kommt man schnell ran, allerdings können sich hier auch die Konditionen ganz schnell wieder ändern. Als Kunde bleibt man flexibel, die Bank aber eben auch.

"Unter dem Strich kriegt man schon wieder Zinsen – so 2, 3 Prozent sind im Augenblick drin. Allerdings ist das weit unter der Inflation von zuletzt 8,7 Prozent, da geht also immer noch Geld verloren."
Nicolas Lieven, Wirtschaftsjournalist

Wer länger Sicherheit haben möchte, muss sein Geld für ein, zwei oder drei Jahre anlegen. Dann bekommt man schon mal 3 Prozent und mehr. Allerdings sollte man auch hier ganz genau hinschauen, empfiehlt Nicolas Lieven. Denn manche Banken bieten die 3 Prozent und mehr nur für Neukunden an, andere nur für bestimmte Höchstbeträge, manchmal ist das Ganze auch gestaffelt. Außerdem wichtig: Werden die Zinsen regelmäßig ausbezahlt oder werden sie angespart bis zum Ende der Laufzeit?

Wer längerfristig – mindestens acht bis zehn Jahre – eine höhere Summe anlegen will, kann sie in Aktien stecken. Gold, Rohstoffe und das am besten in Fonds, empfiehlt Nicolas Lieven aktuell.

Shownotes
Geldanlage
Warum die Zinsen immer noch so niedrig sind
vom 11. März 2023
Moderation: 
Anna Kohn
Gesprächspartner: 
Nicolas Lieven, Wirtschaftsjournalist