Wenn wir uns verletzten, dann tut es weh. Logisch. Zumindest ist es bei den meisten Menschen so. Bei einer Schottin aber ist das anders: Sie spürt keine Schmerzen.
Die Schottin Jo Cameron ist 71 Jahre alt. In ihrem Leben hat sie sich unzählige Male verletzt, geschnitten, gestoßen und sie hat Kinder zur Welt gebracht. All das hat sie erlebt, ohne Schmerzen zu fühlen. Erst als sie vor ein paar Jahren überhaupt gemerkt hat, dass sie keinen Schmerz empfinden kann, haben Wissenschaftler ihren Fall ganz genau unter die Lupe genommen.
Ärzten und auch Jo Cameron selbst wurde erst klar, dass sie ein ungewöhnlicher Fall ist, als sie mit Mitte 60 ins Krankenhaus musste: Ihre Hüfte war ziemlich hinüber, an den Daumen hatte sie eine fortgeschrittene Arthrose. Das sind eigentlich sehr schmerzhafte Angelegenheiten, aber weder vor noch nach den Operationen klagte sie über irgendwelche Unannehmlichkeiten - andere Patienten erleiden dabei normalerweise große Schmerzen. So hatte ihr Arzt die Idee, Jo Cameron zu Spezialisten zu schicken.
Gen-Mutationen verhindern Schmerzen
Das Forscherteam vom University College in London entdeckte dann gleich zwei genetische Veränderungen bei Jo Cameron, die sie vor Schmerzen schützen: Eine Gen-Mutation war der Wissenschaft bereits bekannt, die andere ist neu. "Bei ihr sind die Schmerzsignale unterdrückt", erklärt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Britta Wagner, "und sie hat auch ein höheres Level eines Stoffes im Körper, der als 'Glücksstoff' gilt und auch verwandt mit dem Cannabis-Wirkstoff ist".
"Für Jo Cameron selbst war das einfach ganz normal: Wenn du Schmerzen nicht kennst, vermisst du sie ja auch nicht."
Deswegen empfindet Jo Cameron nicht nur keinen Schmerz. Nach Ansicht der Forscher ist es wahrscheinlich, dass damit noch mehr Effekte einhergehen: Die Wunden heilen besser, Jo Cameron hat weniger Angst, aber sie hat auch ein schlechteres Gedächtnis. Solche Effekte wurden auch schon in Studien mit Tieren ohne Schmerzempfinden bobachtet. Und in Italien haben Forscher sogar eine ganze Familie untersucht, die keine Schmerzen hat.
"Wissenschaftler vermuten, dass es da noch paar Leute gibt, die ähnlich wie Jo Cameron nichts über ihre Schmerzlosigkeit wissen."
Ziel der Wissenschaftler ist es nun, mehr über die Genveränderungen von Jo Cameron herauszufinden: So könnten bessere Schmerz- oder Narkosemittel entwickelt werden, um die Leiden von Menschen, die ganz normal Schmerzen spüren können, zu lindern.
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