Familie kann ganz unterschiedlich aussehen und gelebt werden – im Patchwork-Modell zum Beispiel. Thea ist in solch einer Konstellation aufgewachsen, was nicht immer ganz einfach war. Welche Herausforderungen, positive und negative Seiten Patchwork mit sich bringt, erklärt die Psychologin Katharina Grünewald.

Theas Eltern haben aus ihrer ersten Ehe je ein Kind mitgebracht. Beide Geschwister sind über zehn Jahre älter als sie und hätten damals circa eine Stunde von ihr entfernt gewohnt, erzählt sie. Gefühlsmäßig sei sie ihnen dennoch immer nah gewesen. "Aber es macht einen Unterschied, ob man ein gemeinsames Elternhaus oder eine größere räumliche Distanz zwischen sich hat", sagt Thea.

Deutliche Altersunterschiede in der Patchworkfamilie

Als Kind habe sich Thea öfters gewünscht, mit ihren Geschwistern unter einem Dach zu wohnen. Der große Altersunterschied und die unterschiedlichen Wohnorte hätten die gegenseitige Erreichbarkeit erschwert. "Es gab nicht so die Möglichkeiten, so einfach ein engeres Verhältnis herstellen zu können, was ich schade finde", sagt Thea – auch wenn ihre Eltern viel dafür getan hätten.

"Ich habe trotzdem immer gespürt, dass ich ihnen auch sehr wichtig bin. Ich war gefühlt immer sehr fester Bestandteil auch in ihrer familiären Umgebung."
Thea ist in einer Patchworkfamilie aufgewachsen

Dennoch habe Thea immer gespürt, ihren Geschwistern wichtig und Teil ihrer familiären Umgebung zu sein. Der Altersunterschied spiele inzwischen auch keine große Rolle mehr. Anders also noch im Alter von zehn Jahren, gebe es mittlerweile ein großes Spektrum an Themen, über die man sich unterhalten könne.

Aus ihrer Erfahrung weiß sie: Für die Entwicklung einer konstanten Verbindung ist es wichtig, sich immer wieder mal zu melden, neugierig und offen zubleiben – ohne die Erwartung zu haben, dass jedes Gespräch besonders toll sein muss, sagt sie.

Patchwork-Kinder: Anpassungsfähigkeit ist ein Schlüsselfaktor

Im Vergleich zum traditionellen Familienverständnis hat in einer Patchwork-Konstellation mindestens eine Beteiligte oder ein Beteiligter eine Trennung durchlitten, sagt die Psychologin Katharina Grünewald. Die Trennung bleibe auch im Alltag präsent – zum Beispiel dadurch, dass ein Elternteil an einem anderen Ort wohnt und es neue Partnerinnen oder Partner gibt.

Katharina Gruenewald
© Sinim Kianmehr
Katharina Grünewald, Psychologin

Auch habe jede und jeder ein anderes Familienbild. "Wenn man fragt, wer
gehört zur Familie, dann sieht das irgendwie für jeden anders aus", so
die Psychologin.

"Ich muss sehr anpassungsfähig und flexibel sein. Das ist etwas, das man in einer Patchwork-Familie echt gut lernen muss."
Katharina Grünewald, Psychologin

Patchwork-Kinder haben nicht selten zwei Familien- oder Lebensmittelpunkte. Ein Kind wohnt beispielsweise vor allem bei der Mutter, wechselt aber regelmäßig zum Vater. "Da existieren ganz andere Regeln", so Katharina Grünewald.

Herausfordernd könne auch sein, wenn ein Kind durch verschiedene Geschwister-Konstellationen in der einen Familie das älteste, in der anderen Familie aber das jüngste Kind ist. Kinder müssten darum recht schnell lernen, flexibel und anpassungsfähig zu sein.

Eine Mischung aus Patch und Work

Beim Patchwork beschreibt Katharina Grünewald "Patch" als die Möglichkeit, zusammen sein zu dürfen und Zeit miteinander zu genießen. "Work" sind Kommunikationsrituale, Konfliktmanagement, Organisation oder Logistik, damit das Patchen funktioniere, sagt sie.

"Work sind Kommunikationsrituale, Konfliktmanagement, Organisation oder Logistik und so weiter. Die gehören dazu, damit das Patchen gut funktioniert."
Katharina Grünewald, Psychologin

Anders als bei einer traditionellen Kernfamilie, die organisch wächst, würden in Patchworkfamilien verschiedene Dynamiken und Konstellationen mit unterschiedlichen Bedingungen und Selbstverständlichkeiten aufeinandertreffen.

Das berge zwar reichlich Potenzial für Konflikte, die aber positive Effekte haben können. "Konflikte sind Gelegenheiten, sich kennenzulernen, die gemanagt werden. Und das ist eine Chance für alle Beteiligten", meint die Psychologin.

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Shownotes
Geschwister
Wie sich Leben in einer Patchwork-Familie anfühlt
vom 21. Februar 2024
Moderator: 
Dominik Schottner
Gesprächspartnerin: 
Thea ist in einer Patchwork-Familie aufgewachsen
Gesprächspartnerin: 
Katharina Grünewald, Psychologin
  • Thea ist in einer Patchwork-Familie aufgewachsen
  • Psychologin Katharina Grünewald berät viele Patchwork-Familien