Ja, es gibt die Kanzlerin, weibliche Abgeordnete im Deutschen Bundestag und Ministerinnen. Die Politikwissenschaftlerin Corinna Kröber erklärt, warum Frauen in Deutschland politisch trotzdem überwiegend in der zweiten Reihe stehen.
Die Finnin Sanna Marin ist mit 34 Jahren die jüngste Regierungschefin der Welt. Auch der Rest der Regierung in Finnland ist so jung und so weiblich wie nie zuvor. In dem Land gibt es seit 1995 eine Frauen- und Männerquote in staatlichen Gremien. Im Deutschen Bundestag sind nur 31,2 Prozent der Abgeordneten Frauen. Der Anteil war schon mal höher und hat sich in dieser Legislaturperiode wieder verschlechtert.
Quoten wirken in Parteien
Sechs von 15 Ministerien werden von Ministerinnen geführt. Die Politikwissenschaftlerin Corinna Kröber arbeitet zu dem Thema. Sie stellt fest, dass es auch heute noch systematische Barrieren Frauen daran hindern, in der Politik erfolgreich zu sein.
"Im Bundestag haben Frauen nur faire Chancen, wenn sich Parteien durch Quoten verpflichten."
In der Regierung sind im Moment zwar sieben von 16 Mitgliedern weiblich, aber Ministerien, die besonders einflussreich sind, werden alle von Männern angeführt. Etwa: Finanzen, Wirtschaft, Auswärtiges.
Frauen in der zweiten Reihe
In weniger sichtbaren Ministerien sind durchaus auch Frauen am Werk: Familie, Bildung und Forschung oder Justiz. Besonders niedrige Frauenanteile zeigen sich in südeuropäischen und osteuropäischen Ländern.
"Schlusslicht ist momentan Griechenland mit nur zwei Ministerinnen in den Ressorts Bildung und Kultur und Sport."
Finnland ist hingegen, wie eigentlich alle skandinavischen Länder, ein Vorreiter beim Thema Geschlechtergleichheit. Das fängt schon in der Gesellschaft an. Beruf und Familie lasse sich dort besser verbinden.
"Wenn man der Meinung ist, Mann und Frau haben gleiche Aufgaben und gleiche Fähigkeiten, dann haben sie auch die gleiche Fähigkeit, Politik in jedem thematischen Bereich zu machen."
Grundsätzlich vertreten Frauen im Bundestag eher die Interessen ihrer jeweiligen Partei, sagt Corinna Kröber. Es gibt aber Ausnahmen: immer dann, wenn die Interessen systematisch mit dem Geschlecht zusammenhängen.
Das geschieht auf Feldern, in denen Erfahrungen eine Rolle spielen, die Männer so nicht machen. Männer können das eventuell nicht nachvollziehen, hätten diese Probleme nicht auf dem Schirm, sagt Corinna Kröber.
Als Beispiele nennt sie:
- Altersarmut
- Frauengesundheitsvorsorge
- Kinderbetreuung
Sie findet es wichtig, dass Frauen mit breiten politischen Meinungen in allen Parteien im Bundestag vertreten sind. Ein zahlenmäßiges und machtmäßiges Gleichgewicht wird sich nicht von selbst einstellen, vermutet Corinna Kröber, auch wenn nun sogar in der CSU eine feste Frauenquote diskutiert wird.
"Ich glaube, von selbst passiert das nicht. Da müssen wir schon nachhelfen – mit Regelungen wie Quoten. Meine Vermutung wäre, dass das in Zukunft irgendwann passiert, aber nicht in absehbarer Zeit."