Seit über einem Jahr setzen Mitglieder der Gruppe "#ichbinhier" Kontrapunkte zu Hate Speech im Netz. Gruppenmoderator Alex Urban sagt: Es hat sich bisher nichts verbessert.
Hate Speech, rassistische Angriffe, Pöbeleien - Kommentare dieser Art gehören inzwischen seit einigen Jahren in sozialen Medien zum Alltag. Wie damit am besten umzugehen ist, ist noch nicht endgültig geklärt, wenn es darauf überhaupt eine gute Antwort geben kann.
Seit einiger Zeit gibt es das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, das Betreiber wie Facebook verpflichtet, Kommentare zu löschen, die einen Straftatbestand erfüllen. Löschen ist also ein Ansatz. Der andere: Counterspeech. Also: Hasskommentare sachliche und freundliche entgegensetzen.
Die Facebook-Gruppe #ichbinhier versucht das seit jetzt über einem Jahr (wir berichteten). Damals mit noch etwa 10.000 Mitgliedern, heute über 30.000, versucht die Gruppe in Diskussionen einen sachlichen und defensiven Kontrapunkt zu setzen.
"Bei der Tagesschau haben wir einen recht hohen Anteil an stillen Mitlesern. Beim Focus vermutlich eher nicht so."
Kürzlich zum Beispiel berichtete die Bild-Zeitung (auch auf Facebook) über aktuelle Kriminalfälle mit der Tatwaffe Messer. Es entstand der Eindruck, als ob Deutschland ein unsicheres Land sei, in dem jeden Tag Menschen abgestochen würden. Mitglieder der Gruppe #ichbinhier beteiligten sich an der Diskussion und zitierten zum Beispiel Statistiken, die zeigen, dass Deutschland nicht unsicherer geworden ist.
Trotz des Engagements und des Mitgliederzuwachses hat Alex Urban, ein Moderator der Gruppe, nicht das Gefühl, dass der Hass im Netz weniger geworden ist. Allerdings hätte sich die Sprache verändert. Er würde weniger volksverhetzende Kommentare lesen - dafür seien sie zynischer und hinterlistiger geworden. Trotzdem: "Die Herabwürdigung und die Anstandslosigkeit sind konstant schlimm geblieben."
"Wir freuen uns, wenn die Kommentare unter Artikeln so ausgewogen und sachlich sind, dass wir gar nichts machen müssen."
Die Motivation von Alex Urban hat sich trotzdem nicht verändert. "Ich weiß, dass ich niemanden werde bekehren können", sagt er, "aber es geht auch immer um die Mitleser. Die sollen sehen, dass es Menschen gibt, die sich nicht nur auf Parolen und Halbwahrheiten stützen."