Es gibt da eine kleine Ansammlung von Nervenzellen in unserem Gehirn, die steuert den Rhythmus unseres Alltags: Wann wir aufstehen, wann wir ins Mittagstief kommen, wann wir müde werden. Unsere innere Uhr: Wie tickt sie?

Als die ersten Forschenden wissen wollten, ob unser Körper eigentlich von sich aus weiß, wann es Zeit ist aufzustehen und ins Bett zu gehen, haben sie einen Monat in einer Höhle verbracht. Denn sie wollten dafür sorgen, dass weder Licht noch andere Einflüsse ihr Zeitempfinden lenken können. Das war Ende der 1930er Jahre in den USA.

In dieser Höhle haben sie versucht, einen 28-Stunden-Tag zu leben. Sie wollten also neun Stunden schlafen und 19 Stunden wach sein. Doch der Physiologe Nathaniel Kleitman und sein Student Bruce Richardson haben keine eindeutigen Ergebnisse erzielt. Im Selbsttest konnte sich nämlich Kleitman nicht an den neuen Rhythmus anpassen, Richardson jedoch schon.

24-Stunden-Rhythmus ist natürlich

Erst etwa 30 Jahre später kam die Wissenschaft zu einem klareren Bild: Die Wissenschaftler Jürgen Aschoff und Rütger Wever machten Experimente mit neun Freiwilligen, die für acht bis 19 Tage in einer Art Bunker ohne Kontakt mit der Außenwelt lebten und dabei ganz ihrem eigenen Rhythmus folgen sollten.

Das Ergebnis: Alle behielten einen Rhythmus von ungefähr 24 Stunden bei. Die Forschenden schlussfolgerten: Es muss eine innere Uhr geben, die auch unabhängig von der Umwelt in uns tickt.

Heute wissen wir: Die innere Uhr tickt von selbst und kann sich immer wieder mit der Umwelt synchronisieren. Denn sonst könnten wir uns beispielsweise auch nach einem Jetlag nicht an die Zeit in unserer neuen Umgebung anpassen.

Jede Zelle hat die innere Uhr

Es gibt die innere Uhr jedoch nicht nur in unserem Kopf, sondern jede Zelle unseres Körpers trägt eine kleine eigene Uhr in sich. Christine Blume, Schlafforscherin an der Uni Basel, beschreibt das Zusammenspiel mit einem Bild: "Es ist wie in einem Orchester, dort gibt es verschiedene Instrumentengruppen, das sind die Organe. Und noch mehr Musiker*innen, das sind die Zellen. Wenn alle einfach drauflosspielen würden, gäbe das ein totales Durcheinander."

"Diejenige, die Ordnung reinbringt, ist die Dirigentin. Das ist die zentrale innere Uhr im Gehirn."
Christine Blume, Schlafforscherin an der Uni Basel

Neben der inneren Uhr in jeder Zelle gibt es aber eben auch eine zentrale innere Uhr im Gehirn, den sogenannten "suprachiasmatischen Kern" (SCN) – das ist ein ganz konkret lokalisierbarer Ort im Hypothalamus: eine kleine Ansammlung von Nervenzellen, die wir uns vorstellen können wie zwei Stecknadelköpfe oder zwei winzige Reiskörner, die nebeneinanderliegen, erklärt Christine Blume.

Diese "Master-Clock" habe immense Auswirkungen auf unseren Körper: Sie verhindere ein Chaos und bringe Ordnung ins System.

Die meisten von uns sind zwischen Eule und Lerche

Die Uhr jedes einzelnen Menschen tickt ein wenig unterschiedlich. So kommt es auch, dass manche von uns Eulen sind, also erst spät müde werden, und andere Lerchen, also Frühaufsteher. Die meisten von uns sind allerdings Mischtypen, liegen also irgendwo dazwischen.

Im Alltag kann es jedoch vorkommen, dass sich der eigene Rhythmus mit dem der Arbeitswelt kaum vereinbaren lässt. Müssen wir jeden Tag früher aufstehen, als es unser Körper eigentlich verlangt, dann kann das zu einem "sozialen Jetlag" führen, sagt Schlafforscherin Christine Blume:

"An Arbeitstagen ist der Schlaf-Wach-Rhythmus durch die Arbeitszeiten eingeschränkt. Das führt oft zu weniger Schlaf, als wir eigentlich bräuchten. An freien Tagen schlafen wir dann eher so, wie die innere Uhr es vorgibt."
Christine Blume, Schlafforscherin an der Uni Basel

In dieser Folge Über Schlafen sprechen Schlafforscherin Christine Blume und Wissenschaftsjournalistin Ilka Knigge auch darüber, was passiert, wenn bei Tieren die innere Uhr entfernt wird – und sie schauen sich an, wie ein Leben im eigenen Takt funktionieren kann.

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