Wer sich fühlen will wie Napoleon, der reist nach St. Helena in den Südatlantik. Auf diese Insel wurde der Franzose einst verbannt. Auch heute bedeutet ein Besuch auf der Insel Entschleunigung deluxe. Der Mindestaufenhalt beträgt eine Woche. Vorher gibt es keine Chance wegzukommen.

Die Insel ist extrem weit weg - von allem. 2000 Kilometer bis zur Küste Angolas, 3000 Kilometer bis nach Brasilien. Wer einmal richtig raus will, hat dazu hier die Möglichkeit. Auch für unseren Korrespondenten Jan-Philipp Schlüter bedeutete das richtig viel Entschleunigung. Nach fünf Tagen fühlt er auch schon fast wie einer 4800 Einwohner.

Kein Netz, kein Joghurt, aber viel Zeit

Bis vor drei Monaten war St. Helena einer der letzten Orte, die nicht mit dem Flugzeug erreichbar waren. Seit Oktober gibt es aber einen Flughafen: einmal pro Woche landen dort Flugzeuge, die maximal 100 Passagiere auf die Insel bringen können. Mindestaufenthalt eine Woche. 

Nach 350 Jahren, die die Inseln nur per Schiff erreichbar war, ist das eine große Veränderung - die aber nicht unbedingt alles schneller macht. Denn nun wird der Verkehr des wöchentlichen Postschiffs eingestellt.

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Was das digitale Leben angeht, ist es ein wenig wie eine Zeitreise in die Nullerjahre, sagt Jan-Philipp: Handynetz gibt es erst seit zwei Jahren, das Internet ist sehr teuer (Eine Stunde 9 Euro) und ziemlich langsam. Auch in den Läden geht es eher karg zu. "Frische Sachen sind echt ein Problem", sagt Jan-Philipp, "Joghurt zum Beispiel habe ich hier in den Läden noch nicht gesehen. Nachdem das Schiff angekommen ist, ist der innerhalb eines Tages ausverkauft."

Ende der Postschiff-Ära

Das erklärt, warum der Abschied vom Postschiff, das bisher Menschen und Fracht auf die Insel transportiert hat, für die Einwohner von St. Helena sehr emotional ist. Nach 27 Jahren fährt die RMS St. Helena nicht mehr. Fünf Tage dauerte bisher die Reise von Kapstadt aus. 

"Ich bin 26, 27 Mal mit der RMS gereist. Sie war unsere Lebensader. Für Versorgung, für medizinische Versorgung, für Urlaub. Hat Familienmitglieder hin- und zurück gebracht. Viele werden sehr traurig sein, dass sie heute für immer davon fährt."
Keith, Einwohner von St. Helena

Mit Gottesdiensten, Paraden und einem extra Feiertag wird das Schiff verabschiedet. Es wird ein neues Frachtschiff geben, das allerdings nur etwa alle fünf bis sechs Wochen fährt. Das bedeutet, dass jede Schraube, jedes Kabel, jede Konserve und jedes Medikament auf diese Weise auf die Insel gebracht wird.

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Die Einwohner von St. Helena nennen sich selbst Saints und sie sind stolz auf ihre Rolle als wichtiger Hafen im 17. Und 18. Jahrhundert. Fast jedes Schiff musste hier auf dem langen Weg über den Atlantik zwischen Europa und Indien halt machen. Auch im Kampf gegen die Sklaverei war die Insel bedeutsam: Hier haben die Engländer im 19. Jahrhundert Schiffe mit Sklaven abgefangen, die nach Südamerika gebracht werden sollten.

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Heute sind Fischerei und Tourismus die Haupteinnahmequellen der Insel. Auch die finanzielle Abhängigkeit zur Mutterinsel Großbritannien ist groß. Die meisten Saints, die einmal im Ausland gelebt haben, zieht es aber zurück auf ihr Eiland. So wie Sophia. Nach 13 Jahren in Oxford lebt sie nun wieder in St. Helena: "Ich habe immer gewusst, dass ich hierhin zurückkomme." In Zukunft dann nicht mehr mit dem Boot, sondern per Flugzeug.

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Shownotes
Insel St. Helena
2000 Kilometer Nichts in alle Richtungen
vom 10. Februar 2018
Moderator: 
Sebastian Sonntag
Gesprächspartner: 
Jan-Philipp Schlüter, Korrespondent in Südafrika