• Dlf Audiothek
  • ARD Audiothek
  • Spotify
  • Apple Podcasts
  • YouTube Music
  • Abonnieren

Facebook wiegelt regelmäßig ab: Die Tochterfirma Instagram wirke sich nicht schädlich auf die Psyche von Userinnen und User aus. Doch eine interne Untersuchung von Facebook selbst belegt genau das. Die Ergebnisse der Studie wurden dem Wall Street Journal zugespielt.

"Wir verschlimmern Körperwahrnehmungsprobleme bei drei von zehn Mädchen." Das zitiert das Wall Street Journal aus einer internen Folie des Unternehmens Facebook. Die Aussage bezieht sich auf Instagram, das zum Facebook-Konzern gehört. Der Zeitung wurden vermutlich von einem Whistleblower interne Dokumente von Facebook zugespielt.

Bislang hat Facebook immer abgeblockt

Dass die Nutzung von Social-Media-Plattformen für Userinnen und User belastend sein kann, ist seit vielen Jahren bekannt. 2017 zum Beispiel gab es eine große Studie unter britischen Jugendlichen, die sehr klar die negativen Seiten von Instagram belegte. Unter anderem die Welt hatte dazu berichtet.

Der Facebook-Konzern hat die Ergebnisse solcher Untersuchungen stets zurückgewiesen. Vor kurzem behauptete Instagram-Chef Adam Mosseri noch, dass der Einfluss von Instagram auf die Psyche der Nutzerinnen und Nutzer nicht hoch sei, so unser Netzreporter Andreas Noll.

Facebook-Forschung zeigt die schädliche Wirkung

Das tat er anscheinend wider besseren Wissens. Die internen Dokumente, die dem Wall Street Journal vorliegen, zeigen, dass sich das Forscherteam von Facebook der negativen Folgen sehr bewusst ist, erklärt Andreas Noll.

Die interne Studie soll sogar herausgefunden haben, dass Instagram noch schädlicher ist als andere Social-Media-Plattformen. Eben weil Instagram sehr stark auf Körper und Lebensstil fokussiert. Stärker noch als zum Beispiel TikTok oder Snapchat. "Da steht der Spaßfaktor stärker im Vordergrund", sagt unser Netzreporter.

"Instagram ist sehr stark auf die Körper und den Lebensstil der Menschen fokussiert."
Andreas Noll, Deutschlandfunk-Nova-Netzreporter

Auf Instagram vergleichen sich die Userinnen und User regelmäßig – vor allem in Sachen Optik. Sie bekommen das Gefühl, dass es anderen besser geht, sie scheinbar schöner sind oder einen erstrebenswerteren Lebensstil haben würden. Das betrifft besonders junge Frauen, die sowieso schon dazu neigen, sich mit anderen zu vergleichen, sagt der Medienpsychologe Frank Schwab von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.

Zwischen Inspiration und Selbstabwertung

Das Vergleichen könne zwei Effekte zur Folge haben: Die Instagram-Profile inspirieren die Userinnen und User, wodurch sie zum Beispiel mehr auf eine ausgewogene Ernährung achten oder ein spezielles Thema mit einem neuen Blick betrachten. Andererseits können sie das Vergleichen auch nutzen, um sich selbst abzuwerten oder unter Druck zu setzen, so sein zu müssen wie die Menschen, denen sie folgen, erklärt er.

Die inszenierte Instagram-Welt beeinflusst uns

"Dass diese scheinbar perfekte Welt der anderen häufig das Ergebnis einer Inszenierung ist, realisieren viele Betroffene nicht", sagt Netzreporter Andreas Noll. Das kann schließlich sogar zu Suizidgedanken führen. 13 Prozent der befragten Jugendlichen in Großbritannien, die Suizidgedanken haben, erklären diese mit der Nutzung von Instagram, so unser Netzreporter.

Selbst wenn Userinnen und User darauf hingewiesen werden, dass vieles auf der Social-Media-Plattform mit Filtern bearbeitet oder unrealistisch ist, verhindert das laut dem Medienpsychologe Frank Schwab kaum Gefühle von Neid oder Minderwertigkeit.

Er rät deshalb dazu, sich bewusst zu machen, welchen Profilen man folgen möchte, welche einem guttun oder einen inspirieren. Fühlen wir uns durch die Inhalte bestimmter Profile schlecht oder sie bringen uns keinen Mehrwert, sollten wir sie einfach nicht mehr abonnieren. Es gehe darum, sich einen Feed zu gestalten, der einem positiv nutzt.

Klickt auf den Playbutton für mehr Infos vom Medienpsychologen Frank Schwab.
"Ich kann wählen, was ich mir anschaue oder nicht. Dann lernen auch die Algorithmen, was ich mag und wie viel Diversity ich haben möchte. So kann man sich die eigene Medien-Diät gesünder gestalten."

Facebook antwortet mit Blog-Post einer PR-Managerin

Der Konzern Facebook reagiert auf die Veröffentlichung durch das Wall Street Journal mit einem Blog-Post. Darin bestätigt eine PR-Managerin die Ergebnisse der Facebook-Forschung, so Netzreporter Andreas Noll. "Zugleich merkt sie an, dass die Darstellung in der Zeitung einseitig negativ sei."

Die Verteidigung des Konzerns lautet zusammengefasst, dass man mit der internen Forschung bestätigte, was andere Studien bereits herausgefunden haben. Für die meisten sei Social Media durchaus positiv. In dem Blog wird zur Verteidigung auf eine Studie des Pew Research Center von 2018 hingewiesen. Darin bewerteten 81 Prozent der Jugendlichen Social Media positiv. Sie fühlten sich stärker mit ihren Freundinnen und Freunden verbunden. 26 Prozent fühlten sich durch Social Media schlechter. Das treffe auch auf Instagram zu, so Facebook. Im Schnitt profitierten viele von der Plattform.

Zugleich verspricht der Konzern künftig mehr Transparenz und Öffentlichkeit im Hinblick auf die interne Forschung. Und bei der Plattform Instagram sollen Algorithmen angepasst werden.

Kritik an geplanter Foto-Plattform

Die erneute Debatte kommt zu einem ungünstigen Moment. Denn der Konzern arbeitet seit längerem an einer Fotoplattform für unter 13-Jährige. Es gibt bereits massive Kritik an diesem Projekt. Und die dürfte nun noch stärker werden.

Lasst euch helfen!

Falls ihr selbst mit Depressionen oder Suizidgedanken kämpft, holt euch Hilfe. Zum Beispiel bei der Telefonseelsorge. Die findet ihr im Netz unter telefonseelsorge.de oder über die kostenlose Hotline 0800 111 0 111.
Der Verein "Nummer gegen Kummer" kümmert sich vor allem um Kinder und Jugendliche, die in einer schwierigen Situation stecken. Erreichbar montags bis samstags von 14 bis 20 Uhr unter der Rufnummer 116 111.

Shownotes
Soziale Medien
Facebook wusste, dass Instagram toxisch ist
vom 16. September 2021
Moderatorin: 
Diane Hielscher
Gesprächspartner: 
Andreas Noll, Deutschlandfunk Nova