Aus Angst vor Ablehnung schrecken vielen Menschen davor zurück, eine Verabredung abzusagen, das zeigt eine Studie aus den USA. Dabei ist das Szenario, das wir uns in unserem Kopf ausmalen, oft viel schlimmer als die tatsächliche Reaktion unseres Gegenübers.

Ob eine Geburtstagsfeier, der Weihnachtsabend mit der Familie oder ein wirklich entspannter Abend mit Freund*innen – so gern wir auch Menschen treffen, manchmal geht es einfach nicht. Vielleicht wissen wir es lange im Vorhinein schon oder die Erkenntnis stellt sich erst kurzfristig ein: Eigentlich will und kann ich da nicht hin. Aber: Eigentlich kann ich da nicht absagen.

"Bei der Befragung haben mehr als drei Viertel der Leute gesagt, dass sie schon mal einer Einladung gefolgt sind, obwohl sie gar nicht wollten."
Anne Tepper, Deutschlandfunk Nova Wissensnachrichten

Die Angst vor dem Nein nehmen

Abhilfe könnten da vielleicht Experimente von Forschenden aus den USA schaffen. Sie haben sich damit beschäftigt, wie wir uns vorstellen, dass unsere Absagen ankommen und wie sie es tatsächlich tun. Dafür haben Teilnehmende einen Text mit folgendem Szenario zu lesen bekommen: Ein Freund oder eine Freundin hat dich eingeladen, abends in ein Restaurant mitzukommen, in dem gerade ein Promikoch arbeitet. Du findest die Idee cool, bist aber schon den ganzen Tag unterwegs gewesen und möchtest den Abend eigentlich nur noch auf dem Sofa verbringen.

Die Teilnehmenden wurden in Gruppen aufgeteilt: Die eine bestand aus Personen, die absagten. Die andere aus denjenigen, die eingeladen hatten. Außerdem gab es noch die Gruppe der neutralen Beobachter. Auf einer Skala von 1 bis 7 sollte sie an angeben, wie wütend oder enttäuscht die Person, der abgesagt wurde, ist. Es zeigte sich: Die Leute, die in der Rolle der absagenden oder der beobachtenden Person waren, überschätzten die Reaktion auf ihre Absage meistens. Die Leute wiederum, die sich vorstellten, für ihre Einladung eine Absage zu bekommen, fanden die Absage tatsächlich deutlich weniger dramatisch. Das könnte vor allem daran liegen, dass wir uns auf unser Nein fokussieren, unser Gegenüber sieht aber noch ganz andere Aspekte wie unsere Begründung.

"Die Forschenden schätzen, dass wir uns bei der Absage zu stark auf das Negative fokussieren."
Anne Tepper, Deutschlandfunk Nova Wissensnachrichten

Weitere Faktoren: Anlass, Häufigkeit und kulturelle Hintergründe

Eine gute Freundin versteht, wenn wir mal müde sind. Daher raten die Forschenden, sich vor dem Absagen in die andere Person hineinzuversetzen. Wie würde ich mich an ihrer oder an seiner Stelle fühlen, wenn ich die Absage bekäme? Ergebnisse der Forschenden zeigen: Wenn wir die Situation so durchspielen, bekommen wir öfter eine realistische Einschätzung davon, wie die Absage ankommt. Gleichzeitig weisen die Forschenden darauf hin, dass auch das Setzen von Grenzen seine Grenzen hat. Mit anderen Worten: Wir sollten nicht alles absagen.

Auch wenn die Ergebnisse der Forschenden uns ermutigen können, öfter die eigenen Bedürfnisse und Grenzen zu kommunizieren, weist Anne Tepper darauf hin, was die Studie nicht berücksichtigt: den Einfluss von Traditionen und kulturellen Bräuchen. So kann eine Einladung zum Essen oder ins eigene Heim je nach Kontext unterschiedlich wichtig eingestuft werden. Außerdem dürfte auch die Art der Einladung eine Rolle spielen: Geht es um eine Verabredung, die wir auch übermorgen nachholen könnten, oder ist es die Hochzeit der besten Freundin. Ganz so folgenlos könnte eine Absage dann unter Umständen doch nicht sein.

Shownotes
Weihnachtsfeier, Geburtstag, Date
Je nach Anlass: Absagen ist oft halb so wild
vom 13. Dezember 2023
Moderation: 
Jenni Gärtner
Gesprächspartnerin: 
Anne Tepper, Deutschlandfunk Nova Wissensnachrichten