Nana kann es nie schnell genug gehen. Sie merkt, dass sie durch ihre Ungeduld sich und anderen Druck macht. Psychotherapeutin Annika Haffke erklärt, warum Ungeduld bei manchen mehr und bei anderen weniger ausgeprägt ist.
Auf einer Skala von Null (super geduldig) bis Zehn (mega ungeduldig) bin ich eine 14. Das sagt Nana über sich – und das obwohl es ihr im Vergleich zu vor ein paar Jahren heute schon viel leichter fällt zu akzeptieren, wenn Menschen mal nicht so schnell abliefern, wie sie es erwartet, oder wenn sie selbst nicht sofort ihr Ziel erreicht.
Ungeduld: Antrieb und Druck
Dennoch richtet Nana ihr Leben immer noch so aus, dass ihre Pläne glatt aufgehen. Sie nimmt beispielsweise das Auto, um möglichst sicherzugehen, dass sie pünktlich ankommt, um nicht Gefahr zu laufen, auf die unzuverlässige Bahn warten zu müssen.
"Die schlimmste Horrorvorstellung ist für mich, von anderen Menschen abhängig zu sein. Dann habe ich das Gefühl von Kontrollverlust."
Und auch wenn Nana weiß, dass ihre Ungeduld auch positive Seiten mit sich bringt – wie Zuverlässigkeit – musste sie irgendwann einsehen, dass sie sich selbst und auch anderen zu viel Druck gemacht hat. Das ging so weit, dass sie unter einem Hautausschlag litt, der laut ihrer Hausärztin von zu viel Stress kam.
Ungeduld als gelerntes Reaktionsmuster
Nana ist sich sicher: Diesen Stress, nie unpünktlich sein zu dürfen und immer bestmöglich abzuliefern, hat sie von ihren Eltern anerzogen bekommen. Annika Haffke ist Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche und bestätigt: Zwar sei das Ausmaß von Geduld oder Ungeduld auch eine Charakterfrage und damit angeboren, zu einem großen Teil sei (Un)Geduld aber etwas, was wir lernen.
"Wenn wir als Kinder Glaubenssätze verinnerlicht haben wie 'man darf keine Zeit vergeuden', werden wir vermutlich auch als Erwachsene ungeduldiger sein."
Wir lernen also in der Kindheit, wie unsere Bezugspersonen auf Situationen reagieren, die nicht nach Plan laufen. Annika Haffke nennt ein einfaches Beispiel: Wenn die Bahn irgendwo auf der Strecke stehen bleibt und es einfach nicht weitergeht, wurde dann gesagt: Jjetzt haben wir mal Zeit zum Unterhalten oder war in dem Moment der Tag eigentlich schon gelaufen?
Wir können lernen, geduldiger zu sein
Annika Haffke sagt, wir haben selbst in der Hand, ob wir ungeduldig werden oder nicht – zumindest wenn wir zur Selbstreflexion bereit sind. Nicht zu reagieren, wie wir es zuhause gelernt haben oder wie wir es "immer" machen, können wir also üben.
Die Psychotherapeutin rät, in Situationen, in denen es nicht nach Plan läuft, erst einmal Luft zu holen, Distanz zu schaffen und dann neu zu entscheiden, wie unsere Reaktion ausfallen kann. Dann kann es sein, dass eine verspätete Bahn zwar nervt, aber sich nicht gleich wie ein Weltuntergang anfühlt.
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