Bis zum Jahr 2050 werden über eine Milliarde Menschen ohne Zuhause sein, so eine neue Studie des Insitute for Economics and Peace (IEP). Die Forschenden fordern deshalb dazu auf, Krisenstaaten widerstandsfähiger zu machen.

31 Staaten werden laut der IEP-Untersuchung Ecological Threat Register in den nächsten 30 Jahren nicht mehr die Widerstandsfähigkeit haben, mit den künftigen ökologischen Veränderungen klarzukommen. Besonders betroffen werden demnach dabei die afrikanische Sahelzone und die weiter südlich liegenden afrikanischen Staaten wie Angola oder Madagaskar sein, außerdem die Staaten im Nahen Osten von Syrien bis Pakistan.

Deshalb gehen die Forschenden davon aus, dass bis ins Jahr 2050 eine Milliarde Menschen augrund des Klimawandels und seiner Folgen kein Zuhause mehr haben werden. Ihre Zahlen stützen die Forschenden darauf, dass in den letzten Jahren im Schnitt 24 Millionen Menschen wegen Naturkatastrophen und sieben Millionen Menschen aufgrund von bewaffneten Konflikten ihre Heimat verlassen haben.

Naturkatastrophen und Kriege: Ein Teufelskreis

Laut des Institute for Economis and Peace sind die größten Bedrohungen Stürme, Überflutungen, Wasserknappheit und eine unsichere Versorgung mit Lebensmitteln. Diese Katastrophen würden die Länder zwar nicht komplett unbewohnbar machen, sie würden allerdings dazu führen, dass die jeweiligen Regierungen nicht mehr dazu in der Lage wären, die vielen Probleme in ihrem Land in den Griff zu bekommen.

"Auch, wenn diese Katastrophen die Länder und Gebiete nicht völlig unbewohnbar machen werden, so wird es natürlich ein Problem sein, wenn die jeweiligen Regierungen es nicht schaffen, diese Probleme in den Griff zu kriegen."
Sabrina Loi, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin

Denn unter den 31 genannten Ländern, sind zudem fast 20 Länder, die zusätzlich in kriegerische Konflikte verwickelt sind. Afghanistan, Mosambik oder Pakistan zum Beispiel. Für die Forschenden stellen diese Probleme einen Teufelskreis dar: Einerseits werden durch Konflikte in einem Land die Ressourcen zerstört und andererseits führt Ressourcenknappheit wiederum zu mehr Konflikten in diesem Land.

Weltweite Auswirkungen

Die Forschenden sagen deshalb: Je weniger Frieden in einem Land herrscht, desto eher droht diesem Land der Kollaps. Die Welle an Flüchtlingen, die sich dadurch ergeben wird, wird laut den Forschenden auch Auswirkungen auf Industriestaaten wie Deutschland oder generell Europa und Nordamerika haben. Denn 2015 hat bereits gezeigt, wie sich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Flüchtlingen auf die gesellschaftliche und politische Situation in den Ankunftsländern auswirken kann, sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Sabrina Loi.

"Die Situation 2015 hat uns ja schon gezeigt, welche Auswirkungen das haben kann, wenn selbst eine verhältnismäßig kleine Zahl von Flüchtlingen sich auf den Weg macht."
Sabrina Loi, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin

Krisenstaaten brauchen Unterstützung

Die Forschenden fordern deshalb, dass sich die Regierungen dem Problem bewusster werden und sich damit auseinandersetzen, wie sie die Widerstandsfähigkeit von Krisenstaaten stärken könnten.

Dafür ist in den letzten Jahren laut der Studie zumindest ein Anfang gemacht worden: Seit dem Jahr 2000 habe sich die finanzielle Unterstützung für die Folgen des Klimawandels um das 34-fache vergrößert – das sind umgerechnet 29 Milliarden Euro, die alleine im letzten Jahr vor allem in afrikanische Länder südlich der Sahara und nach Südasien geflossen sind.

Europa eher indirekt betroffen

Zwar gehen die Forschenden davon aus, dass auch in Europa etwa Überschwemmungen zunehmen werden, doch grundsätzlich wird der Kontinent auch in Zukunft größtenteils stabil bleiben. Der Global Peace Index, ein Ranking der friedlichsten Länder, sieht derzeit Island auf Platz eins, Österreich auf Platz vier und Deutschland auf Platz 16.

Dafür gab es bereits von Greenpeace-Abrüstungsexperte Alexander Lurz Kritik: Für eine Nation, die keine Feinde habe und von Partnern eingebettet sei, sei Platz 16 "ein eher trostloses Ergebnis". Deutschland exportiere sehr viele Waffen, was den Weg zu einer friedlichen Welt massiv behindere.

Shownotes
Klimawandel und Kriege
Eine Milliarde Menschen bis 2050 auf der Flucht
vom 09. September 2020
Moderator: 
Paulus Müller
Gesprächspartnerin: 
Sabrina Loi, Deutschlandfunk Nova