Ralf Borchard ist Korrespondent im ARD-Studio in Wien. Mit seinen Kollegen berichtet er aus Südosteuropa. Neben Österreich, Rumänien, Ungarn, Albanien und Bulgarien hat Borchard auch die Länder Ex-Jugoslawiens im Blick. In Südosteuropa findet man die jüngsten EU-Beitrittsländer und der Kosovo hat die jüngste Bevölkerung Europas. Aus diesem Grund nennt Borchard sein Berichtsgebiet auch das "junge Europa".
Letzte Wildnis Europas
Seine letzte Reportage führte unseren Korrespondenten Ralf Borchard nach Rumänien. Damit wurde ein lang gehegter Wunsch für ihn wahr: Er reiste ins Donau-Delta und konnte die faszinierende Artenvielfalt der letzten Wildnis Europas mit eigenen Augen bestaunen. An diesem Ort, wo die Donau ins Schwarze Meer mündet, befindet man sich in einem riesigen Schilfgebiet. In der Deltaregion spaltet sich die Donau in unzählige Flussarme und Seen auf. Viele seltene Vögel haben sich hier angesiedelt. Die Artenvielfalt wird nur von derjenigen am Great Barrier Reef in Australien und auf den Galapagosinseln übertroffen. Der Tourismus hält sich zwar noch in Grenzen, aber immer mehr Urlauber - auch Deutsche - kommen zum Kanu- oder Strandurlaub ans Donau-Delta am Schwarzen Meer. Für eine Reportage begab sich Borchard in diese Wildnis, in der man sich alleine schnell verirren würde.
"In diesem Gebiet gibt es praktisch keine Straßen, sondern nur Wasserstraßen, wo man sich mit dem Boot fortbewegen muss und aufpassen, dass man sich nicht verirrt. Denn es sind so viele kleine und große Seitenarme der Donau dort, wenn man nicht mit einem Einheimischen unterwegs ist, kann man eigentlich sicher sein egal ob mit dem Motorboot, mit dem Kanu oder mit dem Ruderboot, dass man sich irgendwann verirren würde."
Europas Grenze gesichert
Bulgarien ist seit 2007 in der EU und bildet damit die Außengrenze des Gebietes. An der grünen Grenze zur Türkei - einer Stelle, die gerne von Schleusern genutzt wird um Flüchtlinge in die EU zu führen - wurde nun ein 30 Kilometer langer Grenzzaun errichtet.
"Der Zaun, der jetzt fertig geworden ist, ist ein ziemliches Ungetüm: ein Metallzaun mit viel Stacheldrahtrollen. Das ist einer der vielen Versuche die wachsenden Flüchtlingsströme - nicht nur aus Syrien, auch aus dem Irak und aus schwarzafrikanischen Ländern - zu kanalsieren und, ehrlich gesagt, auch eine abschreckende Wirkung zu erzielen."
Bei seiner Arbeit macht Borchard auch immer wieder die Erfahrung, dass die in Südosteuropa lebenden Menschen oft eine andere Einstellung zur EU haben, als Westeuropäer. Das europäische Konzept löst bei vielen ein optimistisches Gefühl aus.
„Wir [Westeuropäer] erleben Europa ja derzeit als Krise. Die Finanzkrise, die Griechenland-Krise und all das, was sonst noch hinter uns liegt. Wir haben also das Gesamtgefühl: Europa ist in der Krise. Und bloß keine neuen Mitglieder, die kosten uns nur Geld. Und in diesen Ländern [Südosteuropa] erlebt man immer wieder das Europa eben ein Hoffnungsanker ist."
Viele der Reformen, die in diesen Ländern umgesetzt werden, erfolgen mit der Hoffnung auf einen Beitritt in die EU wie zum Beispiel im Fall von Serbien, Bosnien-Herzegowina oder dem Kosovo. Laut Borchard zeigt sich hier auch die Kraft der europäischen Idee: Länder, die zum Teil auch eine Kriegsvergangenheit miteinander haben, versöhnen sich, um ihre Aufnahme in die EU nicht zu gefährden.