Nicht nur die Inflation hat einen Einfluss auf die Preise im Supermarkt – wir auch. Zumindest haben wir einen unbewussten Einfluss auf die Verkaufspreise. Wie psychologisch ausgefeilt und strategisch Preise festgelegt werden, erklärt Wirtschaftsjournalist Nicolas Lieven.
Viele Faktoren sind ausschlagend dafür, wie viel wir gerade für unsere Einkäufe bezahlen müssen. Die Inflation ist einer davon. Die gestiegenen Preise sind aber nicht unbedingt nur ein Spiegel der Inflation, sagt Wirtschaftsjournalist Nicolas Lieven
Die allgemeine Situation des Marktes, die Konkurrenz, die Kaufkraft der Menschen, der Markenwert: All diese Faktoren und noch vieles mehr wirke ebenfalls auf die Preise im Supermarkt ein.
Marktforschung und Kopfrechnen
Was Menschen in Deutschland bereit sind zu bezahlen, wird durch spezielle Unternehmen ermittelt, die kontinuierlich eine Marktforschung anhand von Umfragen betreiben. Die Zahlungsbereitschaft für ein bestimmtes Produkt verändert sich zum Beispiel durch den Erwartungswert, sagt Nicolas Lieven, also durch unsere Annahme, wie viel ein Produkt kosten wird.
Der Erwartungswert wird zum Beispiel durch mediale Berichterstattung verändert. Das würde bedeuten: Wenn wir hören, es gibt eine sehr hohe Inflation, rechnen wir damit, dass wir für ein Produkt mehr zahlen müssen. In der Folge steigt unsere Zahlungsbereitschaft.
"Die besten Preiserhöhungen sind die, welche der Kunde nicht merkt, heißt es in der Branche."
Die Wirtschaft würde aber genau solche Situationen nutzen, um Preise mehr zu erhöhen, als sie durch Ereignisse wie eine hohe Inflation erhöht werden würden, erklärt der Wirtschaftsjournalist. Butter beispielsweise kostet inzwischen etwa 50 Prozent mehr als noch vor einem Jahr, was wesentlich mehr als der Inflation entspricht.
Ein weiterer Grund dafür, warum Preise in so Situationen zusätzlich erhöht werden, sei, dass die Menschen nachgewiesener Weise zum Teil nicht so gut darin wären, angemessene Preise durch Prozentrechnung zu ermitteln.
Schwellenpreise sind (keine) Hürden
Es gibt aber auch sogenannte Schwellenpreise. Bei diesen Preisen bemerken Kund*innen deutlicher, dass die Preise steigen. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn ein dann über der Ein-Euro-Marke liegt, erklärt Nicolas Lieven.
"Wir sehen im Supermarkt auch gerade Preise, die nicht die Inflation widerspiegeln, sondern die deutlich darüber liegen."
Aber auch dafür haben Unternehmen eine Lösung. Es gebe zum Beispiel die Möglichkeit, den Preis direkt viel teurer zu machen, als Kund*innen bereit gewesen wären zu zahlen. Dadurch würden zwar etwas weniger Menschen den Artikel kaufen. Das Unternehmen würde aber durch alle, die das Produkt weiterhin kaufen, noch mehr Gewinn machen.