Der selbsternannte Bitcoin-Erfinder Craig Wright hat – wie andere auch – durch einen Hackerangriff Bitcoins verloren. Per Klage will er erreichen, dass der Programmcode so verändert wird, dass die Besitzer wieder Zugriff auf ihr Vermögen bekommen.
Der große Haken an der schönen bunten Kryptowelt: Sie hat kein Auffangnetz. Ein Recht auf eine Rückbuchung oder Stornierung wie bei einer Bank existiert nicht. Wer durch einen Hackerangriff Kapital verliert, hat Pech gehabt.
Zehntausende Leute sind genau davon gerade betroffen und haben ihre Bitcoins verloren – darunter auch der australische Computerwissenschaftler Craig Wright, der von sich selbst behauptet, der sagenumwobene Bitcoin-Erfinder Satoshi Nakamoto zu sein. (Problem: Es glaubt ihm fast niemand. Bis heute ist nicht geklärt, welche Person oder Personengruppe die Bitcoins tatsächlich erfunden hat.)
Hacker klauen offenbar Schlüsseldateien
Bitcoins oder andere Kryptowerte zu besitzen, heißt erstmal nur: Es gibt einen entsprechenden Eintrag im Kassenbuch, in der sogenannten Blockchain. Wer den geheimen Schlüssel zu diesem Datenbankeintrag besitzt, kann den Eintrag nicht nur sehen, sondern auch verändern – er oder sie kann dann also zum Beispiel die Bitcoins transferieren und in normales Geld eintauschen.
Craig Wright beziehungsweise seiner Firma haben Hacker nun angeblich die geheimen Schlüsseldateien zu zwei digitalen Geldbörsen (sogenannten Wallets) gestohlen. Weil diese Schlüsseldateien auch noch mal passwortgesichert waren, kommen die Hacker zwar nicht an die Kohle, Craig Wright aber mangels Schlüsseldateien auch nicht mehr.
"Craig Wrights Idee: Wie wäre es, wenn man den Bitcoin-Programmcode so ändern würde, dass der Besitzer wieder Zugriff auf sein Vermögen bekommt? Programmtechnisch ist das möglich."
Craig Wright will sich nicht damit zufrieden geben, dass seine Bitcoins jetzt futsch sind. Seine Idee: Wie wäre es, wenn man den Bitcoin-Programmcode so ändern würde, dass der Besitzer, in dem Fall er selbst, wieder Zugriff auf sein Vermögen bekommt?
Das Ganze wäre programmtechnisch möglich, erklärt Deutschlandfunk-Nova-Netzreporter Michael Gessat. Und sogar relativ einfach – die Folgen wären allerdings gravierend und würden die Kryptowährung in ihren Grundfesten erschüttern.
Möglich: Eingriff in die Blockchain
Wright würde damit nämlich quasi eine nicht vorgesehene Extrawurst bekommen. Doch eigentlich ist es das fundamentale Prinzip bei Kryptowerten, dass an der Blockchain nicht herumprogrammiert wird. Genau deshalb dienen Blockchain-Systeme ja dazu, Transaktionen oder Besitz fälschungssicher zu dokumentieren.
"Die Vertrauenswürdigkeit und Irreversibilität der Blockchains ist der Dreh- und Angelpunkt. Es ist das fundamentale Prinzip bei Kryptowerten, dass an der Blockchain nicht herumgedoktert wird."
Und doch passiert es: Der Blockchaincode bei Bitcoin und anderen Kryptosystemen wird bereits jetzt sehr wohl modifiziert – und zwar zum Beispiel, um Fehler zu beheben und Funktionen zu verändern und zu verbessern. Ausgeführt wird das Ganze von ehrenamtlichen Programmierern – und zwar öffentlich nachvollziehbar nach dem Open-Source-Prinzip.
Craig Wright verklagt Programmierer
15 solche Programmierer und einen schweizerischen Bitcoin-Verein hat Craig Wright jetzt verklagt. Motto: "Bitte ändert den Programmcode in meinem Interesse." Problem: Die Programmierer sind natürlich selbst Teil der Bitcoin-Community und damit deren Interessen und der Blockchain-Verlässlichkeit verpflichtet.
"Craig Wright argumentiert nach britischem Recht: Die Programmierer hätten Verfügungsgewalt über den Bitcoincode, deswegen seien sie quasi Treuhänder über sein Vermögen und müssten daher auch in seinem Interesse handeln."
Craig Wright argumentiert nach britischem Recht: Die Programmierer hätten Verfügungsgewalt über den Bitcoincode, deswegen seien sie quasi Treuhänder über sein Vermögen und müssten daher auch in seinem Interesse handeln. In der ersten Instanz hatte das ein englisches Gericht verneint. Das Berufungsgericht hat hingegen gesagt: Das ist nicht grundsätzlich absurd.
Argumentation nach britischem Recht
Die Chance, dass Craig Wright mit seiner Forderung durchkommt, hält Michael Gessat für minimal. Denn bei dem Ganzen müssten ja auch die möglichen Folgen für andere Bitcoin-Nutzer*innen abgewogen werden. Und bei jeder Änderung des Blockchain-Codes droht im Grunde genommen ein sogenannter Fork, eine Aufspaltung der Blockchain und der Kryptowährung in verschiedene Versionen.
Unser Netzreporter ist sich nicht sicher, ob es Craig Wright wirklich um seine angeblich verlorenen Coins im Gegenwert von "nur" vier Millionen US-Dollar geht – wenn er Satoshi Nakamoto wäre, müsste er ja eigentlich mit seinem Bitcoin-Anfangsvermögen Multi-Milliardär sein – oder ob das Ganze ein ziemlich ausgebuffter Trollangriff gegen die Kryptocommunity ist.