Bosnien ist noch immer vom Bürgerkrieg der 1990er-Jahre gezeichnet. Doch jetzt entdeckt die saudi-arabische Mittelschicht das Land für sich. In Sarajevo bemerkt man schon einen deutlichen kulturellen Wandel. Unser Korrespondent Stephan Ozsvath spricht über den Einfluss der Saudis.

Seit Ende des Bürgerkrieges kämpft Bosnien damit, wieder auf die Beine zu kommen. Jetzt kommt der Mittelstand aus Saudi-Arabien. Um zu investieren - aber auch, um Urlaub zu machen. Die Hauptstadt Sarajevo ist zum Hotspot für saudische Touristen geworden.

"Bosnien ist etwas für den saudischen Mittelstand. Die Immobilien sind dort noch sehr günstig. Das Essen ist halal. Es gibt Moscheen, viele grüne Wälder, viel Wasser. Und ein muslimisches Flair."
Stephan Ozsvath, ARD-Korrespondent

Das gute an den Saudis ist: Sie bringen Geld ins Land. Sie kaufen Immobilien, bauen Moscheen, errichten Supermärkte. Das Problem, das viele Bosnier sehen, ist aber, dass die Saudis Bosnien verändern. Eine Mitarbeiterin der Heinrich Böll Stiftung in Sarajevo spricht gar von einer klaren Einflussnahme auf den bisher dort herrschenden liberalen Islam.

Die Kultur islamisiert sich zunehmend

Bosnische Muslime sind in der Regel liberal - die Frauen sind nicht voll verschleiert, sie tragen auch kurze Röcke. Dass sich im Alltag etwas verändert, merkt man an vielen Ecken, sagt Stephan Ozsvath. Beispielsweise gibt es mittlerweile öffentliche Veranstaltungen ohne Alkoholausschank. Auch in Supermärkten gibt es teilweise keinen Alkohol zu kaufen. 

In manchen Moscheen sind bosnische und saudi-arabische Muslime auch schon wegen unterschiedlicher Auffassungen über das "richtige" Beten aneinandergeraten. Es gibt islamistische Kämpfer, die von Bosnien aus beispielsweise nach Syrien oder in den Irak gegangen sind. Sie wurden in Bosnien angeworben. Der sogenannte Islamische Staat hat in Propagandavideos gezielt versucht, Bosnier anzusprechen.

Shownotes
Kultureller Wandel in Bosnien
Sarajevo wird zum Hotspot saudischer Touristen
vom 10. Juni 2017
Moderatorin: 
Donya Farahani
Gesprächspartner: 
Stephan Ozsvath, ARD-Korrespondent