Die Vereinten Nationen gehen in ihren Berechnungen davon aus, dass im Jahr 2100 rund elf Milliarden Menschen auf der Erde leben werden. Wie können so viele Menschen ernährt werden? Forschende des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) kommen in ihrer Studie zu dem Schluss: Nur auf Fleisch zu verzichten, wird nicht reichen.

Wir werden mehr. Laut Berechnungen der Vereinten Nationen werden wir 2050 schon 9,7 Milliarden Menschen leben. Im Jahr 2100 sollen es dann sogar 10,9 Milliarden sein. Angesichts von Ressourcenknappheit und der Dringlichkeit zum Klima- und Umweltschutz ist klar: Diese Menschen alle zu ernähren, wird eine Herausforderung.

Ernährung der Weltbevölkerung geht nur mit radikalem Umbau

Forschende des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) haben berechnet, ob es überhaupt möglich ist, knapp elf Milliarden Menschen zu ernähren, ohne die Ressourcengrenzen der Erde weiter zu überschreiten und die Umwelt zu zerstören. In ihrer Studie fassen sie mehrere Aspekte zusammen, die dazu notwendig sind, aber letztlich alle zusammengehören. Zusammengefasst sind das folgende Punkte:

  • Die Art des landwirtschaftlichen Anbaus ändern
  • Den Verbrauch der Ressourcen herunterfahren
  • Produktion von Lebensmitteln verlagern
  • Andere Ernährung
  • Nahrungsmittelverluste vermeiden

Wir selbst müssen uns darauf einstellen, dass wir (und unsere Kinder und Enkel) weniger Fleisch essen werden als heute. Die Forschenden sind in ihren Berechnungen davon ausgegangen, dass der Anteil der Proteinzufuhr – also der tierischen Produkte, die wir essen – nicht mehr als ein Viertel ausmachen sollte. Da liegen einige Länder derzeit deutlich darüber, Deutschland zum Beispiel. Die Umstellung der Ernährung ist aber nur ein Baustein.

Produktion von Lebensmitteln muss global effizienter werden

Ebenfalls wichtig ist, die Produktionsweise zu verbessern und vor allem effizienter zu machen. Das bedeutet, dass dort, wo das Wasser eh schon knapp ist, nicht mehr so viel bewässert wird. Sinnvoll wäre es im Gegenzug, den Anbau auf andere Regionen zu verlagern, wo das Wasser nicht knapp ist, so Dieter Gerten vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Er ist Erstautor der Studie, mit der die Forschenden herausfinden wollen, wie knapp elf Milliarden Menschen in Zukunft ernährt werden können.

Um die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung zu gewährleisten, haben die Forschenden auch darauf geachtet, dass Umweltregeln nicht verletzt werden. Das bedeutet, genauso wichtig wie die Verlagerung von Landwirtschaft, ist auch die Art und Weise der Produktion, so Dieter Gerten.

Auch Landwirtschaft in Deutschland muss sich ändern

Nur mit Blick auf Deutschland würde das zum Beispiel bedeuten, dass die Landwirtschaft – so, wie sie derzeit betrieben wird – nicht weiter fortgeführt werden dürfte. Durch die Überdüngung von landwirtschaftlichen Flächen gelangt zu viel Nitrat ins Grundwasser, wodurch Ökosysteme gestört werden und unser Trinkwasser verunreinigt wird. Global gedacht müsste ein Teil dieser Landwirtschaft in andere Gegenden verlagert werden, um die Belastung auszugleichen.

"Es ist einfach der radikale Umbau von Produktionsweisen in der Landwirtschaft, der in vielen Gegenden erforderlich wäre."
Dieter Gerten, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

Erdsystem gerät ins Wanken

Dieter Gerten sagt: "Wenn wir es so weitertreiben, wie bisher, können wir das Erdsystem ins Wanken bringen". Um die Ernährung einer wachsenden Menschheit in den kommenden Jahren zu gewährleisten, sind alle Akteure der Gesellschaft gefragt, so Dieter Gerten. Das heißt, jeder einzelne, der sich in seiner individuellen Ernährung umstellen muss, aber auch Politik, Landwirte, Wirtschaft, sowie Umweltschützer.

Shownotes
Klimaforscher Dieter Gerten
Ernährung: Erdsystem gerät ins Wanken, wenn wir nichts ändern
vom 21. Januar 2020
Moderatorin: 
Steffi Orbach
Gesprächspartner: 
Dieter Gerten, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung