Lieblingsorte hat vermutlich jeder Mensch. Auf Instagram und über Blogs sehen wir noch mehr solcher Traumorte. Drei Reiseblogger*innen erzählen, wie sie ihre Lieblingsorte gefunden haben und was einen Lieblingsort für sie ausmacht.
Mitten in einem dichten Wald, mitten in ganz viel Grün liegt ein Fleckchen Rot, das Outdoor-Bloggerin Franziska Consolati ihren Lieblingsort nennt: Ihr Ferienhaus im schwedischen Wald. "Das Haus liegt im nördlichen Småland, also ziemlich klischeehaft in Astrid Lindgrens Bullerbü-Schweden und gar nicht so weit weg von der Küste", sagt sie.
Es geht um das Gefühl
Auf ihrem Blog "Ins Nirgendwo, bitte" und auf Instagram schreibt Franziska noch mehr über ihre "kleine Oase im Wald". Sie und ihr Mann Felix haben über ein halbes Jahr nach Häusern in Schweden gesucht – und dann ihren neuen Lieblingsort gefunden. Es war ein Glückstreffer, erzählt Franziska. Als die beiden das rote Holzhaus zum ersten Mal gesehen haben, hat es sich für sie vertraut angefühlt, so als seien sie schon mal dort gewesen.
Der Zufall gibt den Weg vor
Das macht für Franziska auch einen Lieblingsort aus: Es geht um das Gefühl, das sie mit dem Ort verbindet. Für Clemens Sehi und Anne Steinbach vom Blog und Instagram-Account "Travellers Archive" fühlt sich dieses Gefühl in etwa so an, als wären sie verliebt. Sie haben viele ihrer Lieblingsorte gefunden, weil sie sich auf Neues einlassen und dadurch den gewohnten Weg – den alle gehen – gerne mal verlassen.
"Ich glaube, dass man Lieblingsorte gar nicht aktiv findet, sondern sie finden ein. Ich glaube, das ist tatsächlich in den allermeisten Fällen absoluter Zufall."
Viele ihrer heutigen Lieblingsorte haben sie durch Zufall gefunden. Wie zum Beispiel einen kleinen Nudelladen in Tokio, der in einer U-Bahn-Station versteckt ist oder eine Strandpromenade in Moda, einem Stadtviertel in Istanbul. Dort haben Anne und Clemens die Sonne über Istanbul untergehen sehen und heute ist es einer ihrer Lieblingsorte.
Die Strandpromenade haben sie entdeckt, als sie einen Monat in der Stadt am Bosporus gelebt haben. An einem Tag haben sie entschieden, neue Gegenden zu erkunden, als die gewohnten und sind weiter rausgefahren. So sind sie nach Moda gekommen, wo vor allem die Einheimischen unterwegs sind, erzählt Clemens. Sie waren "zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Dieser Moment bleibt dann so in Erinnerung, dass man ihn eigentlich immer wieder erleben will."
Wenn wir uns wohlfühlen
Franziska beschreibt es als einen Überraschungseffekt. Sie findet ihre Lieblingsorte, "nicht dann, wenn ich sie suche, sondern ich komme plötzlich an diesen Orten raus und bin dann eben hin und weg." Mittlerweile ist ihr aufgefallen, dass ihre Lieblingsorte der vergangenen Jahre eines gemeinsam haben: Sie liegen alle in der unberührten Natur. Dort, wo andere kaum hinfinden, wo es ruhig und wild ist.
Für Anne und Clemens wird ein Ort dann zu etwas Besonderem, wenn sie sich dort wohlfühlen. Das kann dann entstehen, weil sie an dem Ort Menschen wieder treffen, die sie nur selten sehen, erzählt Anne. "Das kann aber auch ein Ort sein, an dem ich einen wunderschönen Sonnenuntergang sehe und jedes Mal aufs Neue absolut fasziniert bin von den Farben, die sich über die jeweilige Stadt legen, wie zum Beispiel im Falle von Victoria Peak in Hongkong. Das kann aber auch ein Getränk sein, das ich immer an diesem Ort trinke und mit diesem Ort verbinde."
Das Gefühl von Vertrautheit
Oder es ist ein Plastikstuhl am Double Six Beach auf Bali. Der Strandabschnitt im Süden der Insel zwischen Seminyak und Legian ist Annes absoluter Lieblingsort. Sie war vor elf Jahren zum ersten Mal dort, weil sie an einem Surfkurs teilnehmen wollte. Seitdem kommt sie jedes Jahr dort hin zurück, sitzt auf den Plastikstühlen und unterhält sich mit den Menschen, die entlang des Strandabschnitts arbeiten – so wie sie es auch schon vor elf Jahren gemacht hat. "Ich glaube, dieser Strandabschnitt ist mittlerweile gar nicht mehr der schönste oder beliebteste für andere. Für mich ist es aber ein Stückchen wie nach Hause kommen", sagt sie.
Wie wir sie finden
Die Lieblingsorte, die eher versteckte Geheimtipps sind, haben die beiden Reiseblogger oft über Einheimische gefunden. Das bedeutet auch: Anne und Clemens planen ihre Reisen so wenig wie nötig im Voraus. Als sie zum Beispiel einen Monat in Pakistan unterwegs waren, stand vor ihrer Abreise nur fest, wo sie die ersten beiden Nächte schlafen. Für den Rest haben sie mit den Menschen vor Ort gesprochen und sie gefragt, was sie sehen sollte und was auch machbar ist.
"Wir finden online und in Reiseführern so unglaublich wenig Informationen, wir müssen einfach vor Ort sein, mit den Leuten vor Ort sprechen und gucken, was sie uns sagen."
Damit Franziska mehr unbekannte Orte in der Natur findet, tauscht sie sich mit anderen Outdoor-Blogger*innen oder Freunden aus, die ähnlich wie sie reisen. Oder sie blättert durch einen Reiseführer – nur eben nicht, wie alle es machen.
"Manchmal schaue ich mir gerne einen Reiseführer an, um zu sehen, wohin ich in diesem Land nicht reisen werde, sondern eben in das Nachbartal, auf die Nachbarinsel oder genau dahin, wo nicht alle sind, weil es das ist, was ich suche", sagt sie. Damit sie Gegenden entdecken kann, wo wenig bis gar keine anderen Menschen unterwegs sind, reiche es oft schon, wenige Kilometer oder eine Bergkette weiter weg zu sein von den üblichen Routen.
Lieblingsorte können ganz nah sein
Franziska war in den vergangenen Jahren überall auf der Welt unterwegs. Mit 18 Jahren war sie zum Beispiel mit Beduinen in der Sahara unterwegs. Und mit ihrem Mann Felix ist sie einen Monat lang durch die Mongolei gewandert. Um neue Lieblingsorte zu finden, muss man aber nicht immer so weit reisen, findet sie. Das habe sie mittlerweile für sich gelernt. "Darüber bin ich total dankbar, weil ich seither mit viel offeneren Augen durch die Gegend laufe. Der Lieblingsort kann überall sein: zum Beispiel in dem Wald, in dem man schon 25 Mal war oder vielleicht auch auf dem Hof von Freunden."
"Ich habe in den letzten Jahren gelernt, dass das totaler Quatsch ist, dass man Abenteuer nur in der Ferne erleben kann. Oder dass man die schönsten Orte nur findet, wenn man Grenzen überquert."
Lieblingsorte schützen
Damit ihre Lieblingsorte auch so schön und unberührt bleiben, wie sie die Orte gefunden haben, denken Franziska und auch Anne und Clemens an ihren Schutz. Franziska macht das, indem sie die genauen Koordinaten der unbekannten Orte nur selten öffentlich macht. "Manchmal verrate ich eine Wanderung oder Region, wenn ich mit einem Tourismusverband zusammenarbeite. Oder ich gebe einen Nationalpark an – aber auch nur dann, wenn ich das Gefühl habe, dass zum Beispiel dieser Nationalpark ein paar mehr Leute vertragen kann."
Anne und Clemens geben in ihren Reiseberichten Tipps, wie man sich vor Ort am besten verhält. Wenn sie zum Beispiel über eine Gasse schreiben, die sie in einem Ort gefunden haben, weisen sie ihn ihren Blogartikeln darauf hin, dass die Gasse in erster Linie das Zuhause von Menschen ist und sich Besucher*innen dort respektvoll verhalten sollten, erzählt Anne.
"Wir achten darauf, dass wir Lieblingsorte konservieren. Es ist auch ein bisschen die Aufgabe von uns als Reisebloggern."
Anmerkung: Unser Aufmacherbild zeigt das Schwedenhaus von Outdoor-Bloggerin Franziska Consolati und ihrem Mann Felix.