Phantasie kann man im Leben nicht zuviel haben - im Lebenslauf schon. Ein Probelauf - angeregt von der italienischen Politik.
Premierkandidat Giuseppe Conte (unser Bild) in Italien soll in seinem Lebenslauf geschwindelt haben – ein bisschen zu sehr. In einem 12-seitigen CV hat er angegeben, an der New York University seine Forschung "perfektioniert und auf den neusten Stand gebracht" zu haben. Die Unis sagt dazu: Nein, er durfte nur die Bibliothek nutzen.
Nur die besten Unis der Welt
Unsere Autorin Rebekka Endler hat das mal für sich durchgespielt und geguckt, wie viel Platz in Lebenslauf für Phantasie ist: Also studiert hätte sie natürlich in Harvard, geforscht in Oxford. Dann wäre sie natürlich zum Studium noch an der NYU und an der Sorbonne in Paris und – klar – auch in Stanford und in Cambridge gewesen. Sie fragt sich: Hat Giuseppe Conte jetzt geschummelt? Gar gelogen? Oder geht das klar? Reicht es wirklich aus, sich ein Buch anzuschauen, um das Ganze Forschung zu nennen und die auch noch perfektioniert zu haben?
Wenn das so ist, hat Rebekka nämlich schon Forschung im Vatikan betrieben - ein kleines Detail, dass sie bisher im Lebenslauf weggelassen habe.
"Es ist wahrscheinlich nicht justitiabel, aber es hat dennoch einen Beigeschmack und wenn das ein Politiker macht, dann finde ich das umso schlimmer. Es ist ein Grenzfall."
Jürgen Hesse ist außerdem noch Autor und hat schon eine ganze Menge Bücher geschrieben und veröffentlicht. Fakt ist, dass jede Bewerberin das Recht hat sich von ihrer Schokoladeseite zu präsentieren, findet Rebekka. Wenn man dann sagt, man hat etwas perfektioniert, dann ist das natürliche eine wunderbare Umschreibung, die viel mehr Hoffnungen erweckt als sie einlösen kann.
Rebekka sieht diese Lebenslaufschreiber auf einem schmalen Grad zwischen schmeichelhafter Selbstinszenierung und absichtlicher Täuschung.
"Absolut. Wir wissen, es gibt die Wahrheit, die Halbwahrheit, das Verschweigen und erst dann kommt die Lüge."
Für sich hat Rebekka vielleicht schon eine Lösung gefunden: Bevor ich also irgendetwas einfach behaupte, sollte ich mir Gedanken darüber machen, was für Konsequenzen das hat, wenn ich auffliege, meint sie.
Auch bei den Hobbies wird gelogen
Neben Computerkenntnissen und Sprachen wird laut Jürgen Hesse im Lebenslauf bei den Hobbies viel geflunkert. Grundsätzlich ist Hobbies angeben eine gute Sache, denn da haben wir die Chance uns von anderen Bewerbern abzuheben.
Jürgen Hesse sagt: Bei der Auswahl von Bewerbern wären drei Kriterien wichtig: die Kompetenz, also die harten Fakten, die Leistungsmotivation und letztendlich die Persönlichkeit. Klarer Fall für Rebekka: wenn ich mich auf den Arbeitsmarkt begebe, dann habe ich auch das Recht, den Arbeitgeber so zu verführen, dass er oder sie mir das Vertrauen schenkt.
Unser Bild zeigt Giuseppe Conte. Der Jurist ist Kandidat für das Amt des italienischen Premierministers und gehört der populistischen 5-Sterne-Bewegung an.
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