Tausende Männer und Frauen aus Mosambik sind zum Arbeiten in die DDR gekommen. Von dem Abkommen haben vor allem die Regierungen der sozialistischen Bruderstaaten profitiert, weniger die Arbeiterinnen und Arbeiter selbst. Ihnen wurde viel versprochen – nur wenig davon wurde eingehalten.

Nach Jahren des blutigen Bürgerkriegs wird in Mosambik am 25. Juni 1975 die Unabhängigkeit ausgerufen und eine sozialistische Volksrepublik gegründet. Bis dahin hat Portugal das Land als Kolonialmacht beherrscht. Mitte 1974 hat ein Militärputsch den mit diktatorischen Vollmachten in Lissabon regierenden Marcelo Caetano allerdings abgelöst.

Mosambik als sozialistische Volksrepublik

Nachdem die neue Regierung die schnellstmögliche Unabhängigkeit der portugiesischen Kolonien verfügt hat, ist der Weg frei für eine Regierung der Frelimo, der sogenannten Mosambikanischen Befreiungsfront. Sie wandelt das Land im Südosten Afrikas in eine sozialistische Volksrepublik um.

Die Bevölkerung ist sehr jung, die Arbeitslosigkeit unter jungen Menschen hoch und eine Aussicht auf Besserung nicht in Sicht. Um Abhilfe zu schaffen, fragt die Regierung bei "sozialistischen Bruderländern" nach, ob die in Mosambik nicht benötigten Arbeitskräfte bei ihnen für einige Jahre arbeiten könnten.

Zum Arbeiten in den Bruderstaat

Diese Anfrage erreicht auch die Regierung der DDR, die damit nicht nur einem sozialistischen Staat helfen, sondern auch noch eigene Probleme beheben kann. Beide Regierungen kommen überein, dass die mosambikanischen Männer und Frauen aus- oder weitergebildet werden sollen und dass ein Teil ihres Lohns auf der Staatsbank von Mosambik als Rente oder Startkapital für ein Leben nach der Zeit in der DDR angesammelt werden soll.

Die Realität sieht allerdings anders aus, sowohl in der DDR wie auch in Mosambik. In der DDR werden viele Mosambikaner*innen als einfache Arbeitskräfte eingesetzt und keineswegs weitergebildet. Und auch in Mosambik – wo ein Teil ihres Lohns tatsächlich ankommt – setzt die Frelimo-Regierung das Geld anderweitig ein.

Zurück in Mosambik

Als mit der Deutschen Einheit 1990 auch die Vertragsgrundlage für die Frauen und Männer aus Mosambik wegfällt, müssen die meisten von ihnen das wiedervereinigte Deutschland verlassen. In Mosambik werden sie nicht mit offenen Armen empfangen, weil sie kein Geld mitbringen und die Situation für ihre Familien oft schlecht ist. Sie werden "Madgermanes" genannt – eine Wortschöpfung aus "Made in Germany" und "Mad Germans". Auf ihren Lohn warten viele von ihnen bis heute.

Ihr hört außerdem in Eine Stunde History:

  • Salomao Ngomane, ein ehemaliger Vertragsarbeiter aus Mosambik, berichtet über seinen Alltag in der damaligen DDR.
  • Illustratorin Birgit Weyhe hat einen Comic über die "Madgermanes" verfasst und schildert darin einige Schicksale von Vertragsarbeiter*innen.
  • Korrespondentin Jana Genth erklärt, wie die "Madgermanes" in Mosambik heute angesehen werden.
  • Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld beschreibt die Anwerbepraxis der DDR im sozialistischen Ausland.
  • Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Christine Werner blickt zurück auf das Abkommen der DDR mit Mosambik über "die zeitweilige Beschäftigung mosambikanischer Werktätiger in der Deutschen Demokratischen Republik".
Shownotes
"Madgermanes"
DDR: Die Vertragsarbeitenden aus Mosambik
vom 14. Juli 2023
Moderator: 
Markus Dichmann
Gesprächspartner: 
Matthias von Hellfeld, Deutschlandfunk Nova
  • Salomao Ngomane, war Vertragsarbeiter in der DDR
  • Birgit Weyhe, Illustratorin
  • Jana Genth, Korrespondentin für Mosambik