Dreck, Staub, Pollen – in der Luft schwirrt so einiges herum. Darunter sind auch Erbgutschnipsel. Forschende haben in verschiedenen Zoos Luftproben gesammelt, um die dort nachweisbare DNA zu analysieren. Die Ergebnisse bergen Hoffnungen für den Artenschutz.
Aus Wasserproben lässt sich die Zusammensetzung ganzer Lebensgemeinschaften in Bach oder See rekonstruieren - das ist schon länger bekannt. Mit den Analysen der Luftproben hoffen die Forschenden, das Biodiversitäts-Monitoring endgültig zu revolutionieren. Das könnte in Zukunft dabei helfen, schwer aufspürbare Spezies an Land nachzuweisen – und so zu entscheiden, welche Wälder oder Steppen besonders schützenswert sind.
Erbgutschnipsel schwirren durch die Luft
Zunächst war es nur eine verrückte Idee von Forschenden aus Dänemark und England: Wenn in der Luft Erbgutschnipsel von Bakterien, Pilzen und als Teil von Pollen herumfliegen, warum nicht auch nach DNA größerer Tiere suchen? So beschreibt es eine der beteiligten Forscherinnen.
"Die Forschenden haben Vakuumpumpen aufgestellt und praktisch wie mit einem Staubsauger Luftproben eingesaugt. Im Labor haben sie die Erbspuren darin mit bekannten Erbgutsequenzen abgeglichen."
Im Hamerton Zoo in England und im Zoo von Kopenhagen haben die Forschenden schließlich mithilfe von Vakuumpumpen Luftproben gesammelt und die darin gefundene DNA mit bereits bekannten Erbgutsequenzen abgeglichen, erklärt Deutschlandfunk-Nova-Wissensreporter Lennart Pyritz.
Fast 50 Tierarten im Staubsaugerbeutel
Tatsächlich war das Ergebnis der Untersuchung ertragreich: Im britischen Zoo hat das Team DNA-Spuren von 25 Tierarten entdeckt, im dänischen Zoo von 49. Die meisten davon waren Zootiere, Säugetiere und Vögel, einige davon mehrere hundert Meter von der Untersuchungsstelle entfernt. Aber sie fanden auch Spuren von einigen Wildtieren, zum Beispiel von Igeln.
Für Aufsehen sorgte der Fund einer Krötenart. Eine Forscherin kommentiert: Damit habe ein neues Zeitalter für Entdeckungen begonnen.
"Um die Artenvielfalt an einem Ort zu bestimmen und dann z. B. auch Schutzmaßnahmen zu entwickeln, muss ich erst mal wissen: Welche Tiere leben eigentlich in dem Gebiet, das ich untersuche? Wenn ich jedes davon fangen muss, wird es ganz schön aufwendig."
Herauszufinden welche Tiere an einem bestimmten Ort leben, ist nämlich gar nicht so leicht. Im Gegenteil: Müssen Forschende dafür alle Tiere beobachten oder sogar fangen, wird es ziemlich aufwendig. Deshalb sind die Ergebnisse dieser Studie so erfolgversprechend.
Mehr Erkenntnis mittels Metagenomik
Das Stichwort hierbei ist: Metagenomik. Damit wird das Forschungsgebiet bezeichnet, das seine Erkenntnisse aus der Analyse von Umweltproben gewinnt. Dabei werden Erbgutstückchen untersucht, die Lebewesen z. B. über Haare, Hautpartikel oder Schuppen an den Boden, ins Wasser oder in die Luft abgeben.
Wasserproben sind wahre Cocktails für solche Umwelt-DNA. Damit lässt sich die Zusammensetzung ganzer Lebensgemeinschaften in einem Bach oder See rekonstruieren, erklärt unser Experte.
"Die Arten müssen nicht direkt gefunden oder gefangen werden, um sie nachzuweisen. Und im Labor könnte es deutlich schneller gehen, eine Artenliste zu erstellen, als in der freien Natur."
Forschende müssen also nicht jedes Tier auffinden, beobachten oder fangen, um die Artenvielfalt eines Ortes zu bestimmen, sondern können diese Proben untersuchen, um eine Artenliste zu erstellen. Durch die Studie erhoffen sich die Wissenschaftler*innen, dass die Luftproben eine gute Ergänzung sind, um die Artenvielfalt zu erfassen und schneller entscheiden zu können, welche Gebiete besonders geschützt werden sollten.
" Flächendeckend werden die Verfahren noch nicht eingesetzt. Es gibt auch nicht überall auf der Welt Labore, in denen solche Analysen gemacht werden können."
Diese Methode hat praktisch bereits Relevanz: Mit Wasserproben wurde bereits nach Ochsenfröschen gesucht – eine eingewanderte Art, die heimische Arten gefährdet. In Vietnam wurde so bereits nach seltenen und bedrohten Kammmolchen und Krokodilschwanzechsen gesucht.
Noch sind diese Verfahren aber nicht Standard, sagt Lennart Pyritz. Dafür fehlt zum Beispiel auch an Laboren. Bei Umwelt-DNA aus Luftproben steht die Forschung noch ganz am Anfang.