Das extrem trockene Wetter hat die Zahl der Mücken in vielen Regionen Deutschlands dezimiert. Trotzdem gibt es keinen Grund zur Entwarnung, denn schon das nächste Sommergewitter schafft ein ideales, nass-warmes Umfeld für Stechmücken. Und ohnehin sind sie auch jetzt unterwegs - das hat unser Reporter Martin Krinner am eigenem Leib erlebt.

Zeitpunkt: Sonnenuntergang. Temperatur: 25 Grad. Tatort: die Terrasse. Eigentlich wollte Martin entspannt sein Feierabendbier trinken, aber dann kamen die Biester. Nach dem sechsten Stich hat unser Reporter sich gefragt, ob es übertrieben ist, von einer Mückenplage zu sprechen? 

"Um von einer Plage zu sprechen, bedarf es eines Anflugs von 20 Mücken pro Minute."
Doreen Walther, Biologin am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung

Doreen Walther ist Biologin, sie arbeitet am Leibnizzentrum für Agrarlandschaftsforschung in der Nähe von Berlin und ist auf Mücken spezialisiert. Sie hat eine Antwort: "Wenn wir beide zu einer Grillparty gehen würden, dann würden Sie sich vielleicht schon von zwei Mücken geplagt fühlen. Und bei mir wäre die Schmerzgrenze erst bei 50 oder 100. Um von einer Plage zu sprechen, bedarf es einem Anflug von Stechmücken von 20 Mücken pro Minute."

Gelbfiebermücken ist es zu kalt in Deutschland

Mit seinen sechs Stichen in einer Stunde hatte Martin also noch keine Plage auf seiner Terrasse. Die Frage, die ihn noch interessiert: Wer genau war der Täter, also welche Mücke hat so dermaßen zugestochen, dass die Stiche gleich ordentlich angeschwollen sind? Wahrscheinlich war es die schlichte deutsche Hausmücke, die bei uns am weitesten verbreitet ist. 

Jedenfalls ist es unwahrscheinlich, dass es die Gelbfiebermücke war, erklärt Doreen Walter: "Das ist die Mücke mit dem höchsten Gefährdungspotenzial. Diese Mücke ist aber ausgesprochen Wärme liebend und wird es nie schaffen, sich bei uns zu etablieren." Die Gelbfiebermücke braucht 25 bis 30 Grad Durchschnittstemperatur und überträgt Denguefieber und andere Tropenkrankheiten - bei uns zum Glück noch nicht heimisch.

"Die Mücken, die bei uns in Deutschland vorkommen, tragen keine Krankheitserreger in sich."
Doreen Walther, Biologin am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung

Eingeschleppte Arten, die inzwischen auch bei uns leben, sind die Asiatische Tigermücke und die Asiatische Buschmücke. Für die Eiablage reicht ihnen ein kleines Gefäß, ein Rest Wasser im Blumenuntersetzer zum Beispiel oder eine leere Cola Dose. Eigentlich ist es in Deutschland auch für diese Mücken zu kalt - im Winter. Die Mückenexpertin sagt aber, dass diese Mücken sich zum Beispiel Winterquartiere in der Kanalisation suchen: "Und es zeigt sich jetzt seit einigen Jahren, dass es in einigen Orten Deutschlands die Mücke bereits geschafft hat, sich zu etablieren."

Rein theoretisch könnten durch diese Mücken Tropenkrankheiten übertragen werden. Aber da Tropenkrankheiten, wie zum Beispiel Dengue oder Chikungunya, nicht bei uns verbreitet sind, ist es kaum möglich, dass die Mücken das Blut eines infizierten Menschen einsaugen und es dann beim nächsten Stich an einen anderen Menschen weitergeben.

Sorgen machen, muss sich Martin also nicht. Aber weil er doch neugierig ist, was ihn da auf der Terrasse gestochen hat, wird er bei Sonnenuntergang wieder warten, bis die Täter auftauchen und zustechen. Aber er wird sie dann nicht erschlagen, sondern versuchen, eine oder zwei Mücken einzufangen. Er wird sie über Nacht in die Tiefkühltruhe legen und die Mückenleiche an Doreen Walther schicken. Die kann dann in ihrem Mückenatlas nachschauen und das Biest exakt bestimmen.

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Shownotes
Biologie
20 Mücken pro Minute sind eine Plage
vom 19. Juli 2018
Autor: 
Martin Krinner
Moderator: 
Ralph Günther