1664 erlässt der brandenburgische Kurfürst Friedrich Wilhelm das Toleranzedikt. Damit will er vor allem den Frieden zwischen Lutheranern und den zugewanderten hugenottischen Calvinisten herstellen. Der Kurfürst will damit ein Zeichen gegen die Intoleranz zwischen den Konfessionen setzen.

Harte Zeiten in Brandenburg: Das Land ist nach dem Dreißigjährigen Krieg an vielen Stellen verwüstet. Marodierende Banden stehlen Vieh und Saatgut, Städte werden in Brand gesteckt und vernichtet. Vielerorts sinkt die Bevölkerungszahl auf ein Drittel.

Privilegien für Zuwanderer

In dieser Situation sind die aus Frankreich geflüchteten Hugenotten für den brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm willkommene Zuwanderer. Sie sind gut ausgebildet und nach religiösen Unruhen in Frankreich auf der Suche nach einer neuen Heimat. Friedrich Wilhelm lockt sie mit Privilegien ins Land, gewährt finanzielle Unterstützung bei Existenzgründungen, erlaubt Gottesdienste in französischer Sprache und subventionierte Neubauten für die Hugenotten.

"Das Ziel des Toleranzedikts war, die Auseinandersetzung zwischen den Lutheranern und den Calvinisten abzumildern – also für Religionsfrieden zu sorgen. Aber zumindest die Prediger waren ein garstiges Völkchen weiterhin."
Mathis Leibetseder, Historiker

Das ruft den erbitterten Widerstand der eingesessenen Lutheraner auf den Plan, die in den Neubürgern konfessionelle Konkurrenten sehen.

Wie Prediger Hass säen

Immer wieder polemisieren lutherische Pfarrer von den Kanzeln gegen die Hugenotten und deren Calvinismus. Sie werfen den Zugewanderten vor, das für die Lutheraner zentrale Sakrament des Abendmahls zu missachten.

Um den religiösen Frieden herzustellen, sieht sich Kurfürst Friedrich Wilhelm am 16. September 1664 schließlich dazu gezwungen, das brandenburgische Toleranzedikt zu erlassen. Darin verbietet er jegliche Kritik an der jeweils anderen Konfession und verordnet der lutherischen Kirche Toleranz gegenüber den Hugenotten.

Ihr hört in Eine Stunde History:

  • Der Potsdamer Historiker Frank Göse beschreibt den "großen" Kurfürsten von Brandenburg, der 1664 das Edikt erlassen hat, um religiösen Frieden zwischen den christlichen Konfessionen der Lutheraner und der Calvinisten herzustellen.
  • Mathis Leibetseder, Historiker beim Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, schildert die Auswirkungen des Toleranzediktes auf die politische Situation Brandenburgs im 17. und 18. Jahrhundert
  • Heute ist Toleranz gegenüber anderen Konfessionen und Religionen zwar grundgesetzlich festgeschrieben, in der Praxis aber oft sehr schwierig, meint der Buchautor Ahmet Cavuldak
  • Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld erklärt die Situation Brandenburgs nach dem Dreißigjährigen Krieg, als das Land verwüstet und Hilfe durch zugewanderte gut ausgebildete Hugenotten dringend notwendig war
  • Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Sandra Doedter schildert, wie das Toleranzedikt gegenüber unwilligen Pfarrern durchgesetzt wurde
Shownotes
Nach dem Dreißigjährigen Krieg
Das brandenburgische Toleranzedikt von 1664
vom 13. September 2019
Moderator: 
Markus Dichmann
Gesprächspartner: 
Matthias von Hellfeld