Zum ersten Mal seit 13 Jahren wurde Deutschland neu vermessen. Die Daten zeigen unter anderen, was der Klimawandel mit der Landmasse Deutschlands macht.
Wenn ein ganzes Land wie Deutschland vermessen werden soll, braucht es mehr als einen Zollstock und ein wenig Augenmaß: Es braucht Präzision. Für einen Zeitraum von 24 Stunden muss das Spezialequipment still stehen – kein Gewitter oder eine andere Störung darf dazwischen kommen, wodurch die Vermessungstechnik verschobene werden könnte. Sonst fängt das Team von vorne an.
"Ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin ist ständig vor Ort und schaut nach dem Punkt, damit auch alles so bleibt, wie es sein soll."
Vor dieser Herausforderung standen insgesamt 35 Messteams in den vergangenen sechs Wochen. Vom 7. Juni bis 14. Juli haben sie an 250 Standorten Deutschland vermessen. Mit einer Satellitenmesstechnik haben sie millimetergenau Maß genommen und die Koordinaten des Landes neu berechnet.
Mit Messung auf Klimawandel reagieren
Eine bundesweite Messung ist also vor allem eins: aufwendig. Zuletzt wurde Deutschland 2008 in einem solchen Umfang vermessen. Gerade in Hinblick auf den Klimawandel sind genaue Daten über die Fläche und Höhe des Landes wichtig, sagt André Sieland vom Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen.
Die Erdscholle beispielsweise, auf der Deutschland liegt, bewege sich stetig nach Nordosten. Auch bei der Erdoberfläche würden Expertinnen und Experten vermuten, dass sie sich verformt.
Sie gehen deshalb davon aus, die Küste würde sich in Niedersachsen und Schleswig-Holstein absenken, während es an der Ostseeküste Hebungen gebe. Auch der Alpenkamm hebt sich vermutlich ab und geht nach oben, so André Sieland.
Mit neuen Koordinaten in die Zukunft blicken
Die Erkenntnisse aus der aktuellen Messung würden helfen, Klimaschutzmaßnahmen genauer für die jeweiligen Standorte anzupassen. Geht es zum Beispiel um einen Deichbau, der die Küste in den nächsten 100 Jahren vor Überflutungen schützen soll, mache es einen Unterschied, ob sich die Nordsee in dieser Zeit beispielsweise um 20 Zentimeter absenken könnte.
Neben den Erkenntnissen über die aktuellen Verhältnisse soll die Messung auch Tendenzen für die Zukunft erkennbar machen. Auch wenn die Veränderungen pro Jahr nur um wenige Millimeter zunehmen, sagt er, wachsen sie über die Jahrzehnte zu einer spürbaren Größe an.
"Vermutungen gehen dahin, dass wir Küstenabsenkungen haben. Auch der Alpenkamm hebt sich weiterhin."
Bis die Daten ausgewertet sind, kann es Monate dauern. Daran arbeiten das Bundesamt für Kartografie und Geodäsie (BKG) und das niedersächsische Landesamt. Ist die Auswertung abgeschlossen, können die Expertinnen und Experten die neuen Daten mit denen aus dem Jahr 2008 vergleichen.