Unpünktlichkeit und Chaos: Dafür ist die Bahn bekannt – jedenfalls in den Ballungsräumen und zu Stoßzeiten. Wir haben uns den neuen Masterplan angesehen.

Der Bahnverkehr in Deutschland soll ab 2020 auf einen bundesweiten Taktfahrplan umgestellt werden. Verkehrsminister Scheuer sagt, der sogenannte Deutschland-Takt werde das Bahnfahren pünktlicher, schneller und die Anschlüsse direkter und verlässlicher machen.

Dazu stellte der CSU-Politiker einen Gutachterentwurf vor. Es sei das größte Projekt im Eisenbahnbereich seit der Bahnreform von 1994. Der Deutschland-Takt soll so funktionieren: Züge fahren jede Stunde, in jede Richtung, zur selben Minute. Alle Fernzüge fahren in einem Takt von 60 oder 30 Minuten. Das soll ein bequemes Umsteigen an Knotenbahnhöfen ermöglichen. Vorbild dafür ist die Schweiz.

Pläne für den Netzausbau

Die Anschlüsse sollen besser abgestimmt werden, indem an Knotenpunkten Züge ungefähr gleichzeitig ankommen. Damit das funktioniert, soll das Schienennetz ausgebaut werden – zum Beispiel zwischen Berlin und den Städten in Nordrhein-Westfalen. Geregelte Abfahrtszeiten soll es vor allem an Bahnhöfen geben, an denen viele Leute umsteigen müssen – zum Beispiel Mannheim, Erfurt und Nürnberg.

Insgesamt sollen dadurch auch die Fahrten kürzer werden: Eine Fahrt von Stuttgart nach Hamburg soll statt aktuell fünf Stunden und 10 Minuten nur noch viereinhalb Stunden dauern. Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband ProBahn begrüßt, dass nun die Verkehrspolitik konkrete Verbesserungsvorschläge an die Bahn hat.

"In der Schweiz war das Ende der achtziger Jahre eine politische Initiative. Bei uns wollte man nicht in die Hoheit der Deutschen Bundesbahn eingreifen."
Karl-Peter Naumann, Fahrgastverband ProBahn

Der Deutschland-Takt ist auch ein Produkt des sogenannten Zukunftsbündnisses Schiene. Daran arbeiten Vertreter aus Politik, Unternehmen, Verbände und Gewerkschaften zusammen.

Das Material macht Probleme

Neben der Taktung hat die Bahn auch noch andere Schwierigkeiten, die zu Verspätungen führen. Nadine Ahr von Die Zeit hat dazu sehr umfangreich recherchiert. Sie sagt, dass das Schienenmaterial auch ein Faktor ist.

"Die sind nämlich sehr alt, die Schienen. Und zwar wurden 90 Prozent der Bahnstrecken in Deutschland im 19. Jahrhundert angelegt. Und das Durchschnittsalter von Eisenbahnbrücken beträgt mehr als 50 Jahre."
Nadine Ahr, Journalistin, Die Zeit

Nun sollen mehr Schnellstrecken und auch mehrgleisige Strecken gebaut werden. Dafür will die Politik bis 2030 knapp 113 Milliarden Euro investieren. Bei den Zeitplänen ist Karl-Peter Naumann von ProBahn skeptisch.

"Es sind eine Reihe von Neubauten und das wird sehr lange dauern. Bis 2030 wird man das mit Sicherheit nicht schaffen. Hier braucht man einen langen Atem."
Karl-Peter Naumann, Fahrgastverband ProBahn

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Shownotes
Pläne für 2020
Die Bahn will von der Schweiz lernen
vom 09. Oktober 2018
Moderator: 
Ralph Günther
Gesprächspartnerin: 
Ilka Knigge, Deutschlandfunk Nova