Neue Stadt, neue Wohnung, neue Connections: Nisha ist schon x-mal umgezogen und weiß, dass Neustarts oft tough sind. Für Introvertierte noch viel mehr, sagt ein psychologischer Psychotherapeut. Was außer Freundschaften wichtig ist, um anzukommen.
Nisha fühlt sich in Düsseldorf zu Hause. Ein bisschen hat sie gebraucht: Nach zehn Monaten hatte sie das Gefühl, angekommen zu sein.
Sie ist schon oft umgezogen: Ratingen, Mannheim, München, Münster und Düsseldorf – um nur einige von Nishas früheren Wohnorten zu nennen. In Düsseldorf fühlt sie sich unter anderem auch deshalb zu Hause, weil es mit ihren Mitbewohner*innen einfach gut passt. Der Vibe stimmt.
Auch wenn Nisha, die sich selbst als karriereorientiert bezeichnet, in Düsseldorf sehr gut gefällt, ist sie beim passenden Jobangebot bereit, in ein paar Jahren den Wohnort wieder zu wechseln.
"Meine Mitbewohner waren immer supernett, aber es hat nie so gevibt wie jetzt mit meinen Mitbewohnern in Düsseldorf."
Oft kennt man erst mal niemanden, wenn man an einen neuen Ort zieht, an dem man noch nie gelebt hat. Anfangs kann es auch schwierig zu sein, Anschluss zu finden. Mit der Zeit entsteht das neue Umfeld fast wie von selbst. Da gehört auch der Schnack mit dem Barista im Café an der Ecke, mit der Kioskbesitzerin und dem Kassierer im Supermarkt dazu. Wir sehen immer mehr bekannte Gesichter in unserem Viertel und es fühlt sich dann vielleicht schon etwas heimischer an.
"Für mich ist immer das soziale Umfeld das Wichtigste. Münster ist eine sehr privilegierte Bubble und mir hat ein bisschen die Vielfalt gefehlt."
Wer fürs Studium umzieht, der hat es oft leichter, als wenn man ins Berufsleben startet. Denn viele der Erstsemester sind neu in der Stadt und offen für neue Connections. An Unis und Fachhochschulen gibt es zum Beispiel auch den Hochschulsport, der sich super dafür eignet, andere kennenzulernen. Bauchtanz, Bouldern, Ballsport – das Angebot ist vielfältig.
In Münster hatte sich Nisha nicht so gut einleben können: Die Stadt sei eine privilegierte Bubble, sagt sie, nicht vielfältig genug.
Je nachdem, in welchem Stadtteil wir leben und welche Bekanntschaften und Freundschaften wir schließen, können sich die Erfahrungen, die wir in einer Stadt machen, stark unterscheiden. Der eine zieht dann Münster vor und die andere findet das Leben in Düsseldorf viel schöner.
Nicht nur das Zuhause und der Arbeitsplatz, sondern auch das Drumherum muss stimmen
Das passt auch dazu, was die Forschung sagt. Nicht nur in unseren vier Wänden sollten wir uns wohlfühlen. Auch Orte, die für alle da sind, können dazu beitragen, dass wir uns in einer Stadt zu Hause fühlen. Cafés, Kunst- und Kulturstätten und ähnliches. In der Soziologie gibt es dafür den Begriff Dritter Ort, erklärt die Regional- und Städteplanerin Julia Diringer.
Dritter Ort deswegen, weil in der Soziologie die eigene Wohnung als Erster Ort und die Arbeitsstätte oder Uni als Zweiter Ort gilt. All diese Orte tragen dazu bei, wie wir eine Stadt erleben und wie wohl wir uns dort fühlen.
"Ich bin nach Bielefeld gezogen, ich komme ursprünglich weit aus dem Süden. Und da ging es mir erst gut, als dann Menschen da waren, die ich lieb gewonnen hatte."
Raphael Tron ist psychologischer Psychotherapeut in Weiterbildung. Er bezeichnet sich als introvertiert und kennt aus eigener Erfahrung und aus Patient*innen-Gesprächen, wie herausfordernd der Neustart nach einem Umzug sein kann.
Sich von einem Extrovertierten "adoptieren" lassen
Introvertierten kann es helfen, sich von einer eher extrovertierten Person "adoptieren" zu lassen, nennt er es. Das heißt einfach nur offen für andere zu sein, die auf uns zukommen und den Kontakt zuzulassen. Für den Raphael Tron hat das funktioniert. Er hat so eine gute Freundin kennengelernt.
Wenn wir in der Lage sind, engere Kontakte zu knüpfen, trägt das auch maßgeblich dazu bei, wie zuhause wir uns am neuen Wohnort fühlen.
Dennoch vermisst er in Bielefeld die Baggerseen, die es an seinem vorherigen Wohnort gab. Wenn das wichtige Gründe dafür sind, weshalb wir uns in einer Stadt nicht heimisch fühlen können, dann kann es auch richtig sein, wieder umzuziehen, sagt er.
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