Die alten Sportklamotten an den Hersteller zurückzugeben, damit sie recycelt werden - prinzipiell eine gute Idee. Das Konzept ist aber noch nicht ausgereift.

Wenn an Joggingschuhen die Sohle heruntergelaufen ist oder sie ausgelatscht sind, dann schmeißen wir sie in der Regel in den Restmüll. Wird dieser Plastikmüll in der Müllverbrennungsanlage einfach nur verbrannt, ist das nicht besonders nachhaltig.

Produktversprechen: Nachhaltiger Kreislauf durch Recycling

Das soll sich jetzt ändern, versprechen zumindest einige Sportartikelhersteller. Beispielsweise die Marke Adidas, die die Nachhaltigkeit ihrer Kollektion "Made to be remade" bewirbt. Adidas hat im deutschen Onlineshop zurzeit einen Sneaker, einige Shirts und Shorts aus dieser neuen Recycling-Kollektion im Angebot. Im US-amerikanischen Online-Shop gibt es auch noch einen Laufschuh. Laut Adidas sind die Kleidungsstücke zu 100 Prozent aus recyceltem Polyester hergestellt.

"Es wird wahnsinnig viel in die Werbung dafür gesteckt, aber es ist überhaupt nicht zu erfahren, wie es gemacht wird, wo es gemacht wird, wie das Sammeln gehen soll, wie die Schuhe zurückkommen sollen an einen Ort, wo dann recycelt wird."
Kai Nebel, Leiter Forschungsschwerpunkt Nachhaltigkeit & Recycling, Hochschule Reutlingen
Die sogenannten hängenden Schuhe in der Norderstraße von Flensburg. Seit etwa 2005 werden zusammengebundene Schuhpaare über Leitungen zwischen den Häusern geworfen.
© imago Eckhard Stengel
Das Gegenteil von Recycling: Die sogenannten hängenden Schuhe: Seit etwa 2005 werden zusammengebundene Schuhpaare über Leitungen zwischen den Häusern geworfen. Dieses weltweite Phänomen wird auch Shoefiti genannt (Shoe + Graffiti).

Damit diese Produkte sich besonders einfach recyceln lassen, mussten neue Produktionsprozesse entwickelt werden: Zur Fertigung der Schuhe wird beispielsweise Thermoplastisches Polyurethan (TPU) verwendet.

Sortenreine Kunststoffe erleichtern das Recycling

TPU wird als eine Art Garn genutzt, um die Schuhe ohne zusätzlichen Kleber zusammensetzen zu können. Das soll das Recycling leichter machen: Denn je sortenreiner der Kunststoff ist, desto besser lässt er sich recyceln, erklärt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Kerstin Ruskowski.

Allerdings sei nicht gekennzeichnet, zu welchem Anteil die Laufschuhe aus recyceltem Material bestehen, fügt unsere Reporterin hinzu.

"Aber man sollte seriös bleiben, man sollte Ökobilanzen anfertigen - seriöse Ökobilanzen. Die auch publizieren, dass sie nachprüfbar sind."
Kai Nebel, Leiter Forschungsschwerpunkt Nachhaltigkeit & Recycling, Hochschule Reutlingen

Fehlende Transparenz der Unternehmen

Kai Nebel, der Nachhaltigkeit und Recycling an der Hochschule Reutlingen erforscht, findet es gut, dass verschiedene Sportartikelhersteller neue Technologien testen, um Plastikmüll zu vermeiden. Allerdings fehlt ihm bisher die Transparenz darüber, wie diese Unternehmen die Prozesse gestalten, um dieses Ziel zu erreichen.

Denn damit ein recycelter Laufschuh wirklich nachhaltig ist, spielen beispielsweise auch Transportwege eine Rolle, bei denen CO2 produziert wird, das zusätzlich die Umwelt belastet.

Kai Nebel wünscht sich zudem Informationen darüber, wo die Hersteller gebrauchte Waren sammeln und wiederverwerten wollen, also belastbare Daten, die sich wissenschaftlich überprüfen lassen.

Zero Waste: Unrealistisches Ziel beim Recycling von Sportkleidung

Auch Sportartikelhersteller Asics will bis 2030 alle Produkte komplett aus recyceltem Polyester herstellen. Bei dem Marktführer Nike gehen die Bemühungen in Richtung Zero Waste und den CO2-Ausstoß auf null zu reduzieren, fasst Kerstin Ruskowski zusammen.

Diese Ziele seien jedoch ziemlich unrealistisch, äußert der Nachhaltigkeitsexperte Kai Nebel gegenüber unserer Reporterin.

Das liegt daran, dass Materialien sich nicht unendlich recyceln lassen. Dafür gibt es eine einfache Erklärung: Wenn Kunststoffe wiederverwertet werden, leidet das Material jedes Mal, wenn es eingeschmolzen und neu geformt wird. Die Moleküle werden dadurch immer kürzer.

"Ein 100-prozentiges Recycling ist sowieso nicht möglich. Das ist gegen die Physik - da ist immer Verlust da. Es gibt kein endlos Recycling."
Kai Nebel, Leiter Forschungsschwerpunkt Nachhaltigkeit & Recycling, Hochschule Reutlingen

Aus diesem Grund müsse man immer ein bisschen neues Material hinzugeben, erklärt Kai Nebel. Studien haben gezeigt, dass es immer einen Verlust von rund 20 Prozent gibt, sagt der Wissenschaftler. Verschmutzung oder auch Verschnitt können außerdem dazu führen. Manchmal liege der Verlust auch höher als 20 Prozent.

Konsumenten: Steifes Material und hoher Preis

Die Kritik der Konsumenten geht in eine ganz andere Richtung: Der Youtuber Elliot Page lobt den angenehmen Geruch der Laufschuhe, die nicht chemisch riechen würden. Im Vergleich zum Standardmodell, das geklebt und gefärbt ist und aus verschiedenen Materialien besteht, findet er die recycelten Laufschuhe aber eher steif und ein bisschen unbequem.

Konsumenten im US-amerikanischen Webshop kritisierten vor allem eins: Den mit rund 180 Dollar als zu hoch empfunden Preis, sagt Kerstin Ruskowski.

"Als Faustregel für den eigenen Konsum kannst du dir merken: Seltener neue Sachen kaufen - und die dann möglichst lange nutzen."
Kerstin Ruskowski, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin
Shownotes
Nachhaltigkeit
Ökobilanz: Bei recycelter Sportbekleidung fehlt die Transparenz
vom 21. Oktober 2021
Moderator: 
Markus Dichmann
Gesprächspartnerin: 
Kerstin Ruskowski, Deutschlandfunk Nova