An der Uniklinik Ulm konnten vor den Weihnachtsfeiertagen nur die Hälfte der üblichen Menge an Operationen durchgeführt werden. Das liegt nicht nur an zu wenigen Intensivbetten.
Nach Angaben der Deutschen Krankenhausgesellschaft müssen wegen Belastungen durch Corona drei von vier Kliniken Operationen verschieben. So zum Beispiel war und ist es an der Uniklinik Ulm. Thomas Seufferlein, Professor und Ärztlicher Direktor der Klinik für Innere Medizin I, sagt: Vor den Weihnachtsfeiertagen lag die OP-Kapazität bei nur ungefähr 50 Prozent. Aktuell werden 75 Prozent erreicht.
Wieder mehr Operationen durchführen zu können, sei deshalb möglich, weil sich die Corona-Fälle in Süddeutschland derzeit in Grenzen halten. "Wir wissen aber natürlich nicht, wie sich das entwickeln wird", sagt Thomas Seufferlein.
"Es ist nicht nur das Problem, dass wir zu wenig Intensivkapazitäten haben, sondern auch, dass wir Personal verlegen mussten, und deswegen haben wir zu wenig operative Kapazitäten."
Verschoben werden müssen Operationen aus allen Bereichen, die keine Notfälle sind. Besonders betroffen sei die Herz- und Thoraxchirurgie, weil für jede Operation ein Intensivbett im Hintergrund bereitgehalten werden muss.
Doch nicht nur die geringen Intensivkapazitäten bremsen Operationen aus. Auch steht zurzeit weniger Personal für die Operationen zur Verfügung, weil sie teilweise auf den Intensivstationen aushelfen müssen.
Weniger Vor- und Nachsorge
Eine Operation zu verschieben, zum Beispiel bei einer Tumorerkrankung, muss kein großes Problem sein. Wenn die Wartezeit aber zu lange ist, kann sich das Tumorstadium verändern, sodass sich die Prognose der Patienten verschlechtert, sagt Thomas Seufferlein.
Hinzu komme die persönliche Belastung. Seufferlein: "Patienten, die wissen, dass sie vom Tumor durch eine Operation geheilt werden können, stehen unter einem enormen Druck. Wenn die OP mehrfach verschoben wird, ist das psychisch enorm belastend."
"Ich glaube, wir brauchen so schnell wie möglich eine Impfpflicht."
Konkrete Zahlen gibt es noch nicht, aber der Ärztlicher Direktor an der Ulmer Uniklinik kann sich vorstellen, dass in den Jahren 2020 und 2021 Operationen zu insgesamt späteren Tumorstadien registriert werden. Das könne zum einen an den geringeren OP-Kapazitäten liegen, zum anderen daran, dass Menschen weniger zur Vor- und Nachsorge gehen, weil sie zum Beispiel Angst haben, sich in der Praxis oder im Krankenhaus zu infizieren.
Thomas Seufferlein hat dagegen noch nicht wahrgenommen, dass Patientinnen und Patienten selbst OP-Termine verschieben wegen Corona. "Dazu ist der Druck zu groß."
Als Ausweg aus der Situation, nicht sofort alle nötigen Operationen durchführen zu können, sieht Thomas Seufferlein bekannte Maßnahmen: Hohe Impfquote, Masken tragen, Abstand halten.